Deutsch-Amerikanischer Almanach

Spiros Maraktos
Die Kosten des Vietnam Krieges

I. Einleitung

Im Jahre 1975 endete der Vietnamkrieg mit der völligen Niederlage Süd-Vietnams. Damit endete ein Krieg, der seit Anfang der 50er Jahre tobte und als Guerillakrieg begann. Die vom kommunistischen Nord-Vietnam unterstützen Viet-Cong versuchten dabei, das westlich orientierte Süd-Vietnam unter ihre Kontrolle zu bringen. Dieses Vorhaben konnte zu Zeiten des Kalten Krieges von den USA nicht gut geheißen werden. Nach einem Verlust Süd-Vietnams, so wurde gefürchtet, gingen große Teile Süd-Ost-Asiens an den Kommunismus verloren. So verstärkten die Amerikaner zunächst ihre finanzielle und materielle Hilfe, in begrenztem Umfang wurde Süd-Vietnam auch schon personell geholfen. Schließlich übernahmen die Amerikaner die Kontrolle des Krieges. Mehr und mehr amerikanische Soldaten kämpften dort, mehr und mehr Material wurde benötigt und es stiegen die Kosten des Krieges. Des Kosten des Vietnamkrieges ist dies Arbeit gewidmet. Allerdings wäre eine Beschränkung des Betrachtungszeitraumes auf den "amerikanischen" Krieg nicht korrekt. Schon in den 50er Jahren unterstützten die USA Frankreich bei dem Versuch die Kontrolle über Indochina zu behalten. Der erste Teil der Arbeit beschäftigt sich daher mit den Kosten, die dies Engagement den USA verursachten. Der Unterstützung Süd-Vietnams durch Militär- und Entwicklungshilfe ist der zweite Teil dieser Arbeit zugewandt. Der dritte Teil beschäftigt sich zunächst mit den Kosten , die dem amerikanischen Haushalt entstanden. Dabei soll die Rolle der Judikative und der Exekutive beleuchtet werden.

Die Art und Weise der amerikanischen Kriegsführung ist bei der Untersuchung der Kosten ebenso wichtig. Es soll auch geklärt werden, wie der Krieg finanziert wurde, und in wie weit das Budget der USA durch den Krieg in Zukunft belastet sein wird.

Doch auch dem privaten Sektor entstanden durch den Krieg Kosten, die betrachtet werden müssen, um ein annähernd vollständiges Bild der Kosten zu erhalten. Besonderes Augenmerk gilt hierzu den Kosten der Wehrpflicht, den Kosten durch Gefallene und Verwundete und den Kosten durch die Inflation, in die Amerika geriet. Das amerikanische Engagement in Vietnam begann mit der Unterstützung Frankreichs.

II. Hilfe für Frankreichs Krieg

Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges versuchte Frankreich die Kontrolle über sein verzweigtes Kolonialreich zurück zu erlangen. Indo-China war ein Teil davon. Der Viet-Minh, unter der Führung von Ho Chi Minh, führte gegen die französische Kolonialmacht einen Guerillakrieg. Dieser Krieg belastete das durch den Weltkrieg geschundene Frankreich schwer. 1950 begannen die USA, Frankreich finanziell und materiell zu unterstützen. Der erste Schritt war ein Kredit $10 Millionen (Sheehan 10-11). Darauf folgten $425,7 Millionen militärischer und $ 21,8 Millionen wirtschaftlicher Hilfe. Mit diesen Zahlungen konnte Frankreich 40% seiner Kriegkosten begleichen. 1954 belief sich der amerikanische Anteil an den Kriegskosten auf 80% (Gelb 46). Der Grund für diese doch recht großzügige Hilfe der USA kann im Kalten Krieg gesehen werden. Im Jahr 1950 begann der Koreakrieg. Der kommunistische Block schien sich aggressiv ausbreiten zu wollen. China, das erst kurz vorher kommunistisch geworden war, unterstützte sowohl Nordkorea als auch den Viet-Minh. Im Kontext des damaligen Zeitgeschehens war es für die USA nur logisch, Frankreich gegen den Viet-Minh zu unterstützten. Allerdings beschränkten sich die USA auf finanzielle und materielle Hilfe. Es gab keine Luftschläge oder Truppen gegen den Viet-Minh. Präsident Eisenhower drückte die Bedenken gegen eine aktive Beteiligung der USA an diesem Krieg sehr deutlich aus: "I am convinced that no military victory is possible in that kind of theatre." (zit. in Podhoretz 38). Die Herrschaft Frankreichs in Indo-China endete mit der Niederlage von Dien-Bien-Phu. Vietnam wurde in zwei Staaten geteilt. Die Hilfe der USA für Frankreich belief sich auf eine Summe von $2.5-3 Milliarden (Campagna 96). Diese verhältnismäßig geringe Summe bildete den Anfang einer riesigen Kostenspirale. Die USA traten nun an die Stelle Frankreichs als Schutzmacht des neu entstandenen Süd-Vietnam. Der Schützling der USA erhielt dabei zunächst finanzielle und materielle Hilfe, die sein Überleben sicherstellen sollten.

III. Unterstützung Süd-Vietnams

Das neu entstandene Süd-Vietnam erhielt von den USA Unterstützung in Form von Entwicklungshilfe, Nahrungsmittelhilfen, Ausgleichszahlungen für Handelsdefizite und militärische Hilfe und Know-how. Durch diese Beihilfen sollte Süd-Vietnam überlebensfähig gemacht werden und die zunehmenden kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Viet-Cong siegreich bestehen können.

III 1. AID

Die "Agency for International Development" spielte in der Entwicklungshilfe für Süd-Vietnam die Hauptrolle. Süd-Vietnam war ein kaum industrialisiertes, von Landwirtschaft geprägtes Land. Die Hauptexportgüter waren Reis und Rohkautschuk. So exportierte der Süden 1960 340.000 Tonnen Reis bei einem Ertrag von 4.955.000 Tonnen (Fall 294). Der Süden Vietnams hatte aber auch mit einem sehr hohen Handelsdefizit zu kämpfen, das zum Beispiel 1965 $373 Millionen betrug. Im selben Jahr war dort eine Geldmenge von $285 Millionen in Umlauf. Inflation war unter solchen Umständen ein offensichtliches Problem. Die Geldmenge stieg allein von 1964 bis 1965 von $27 Milliarden auf $57 Milliarden. Die AID musste allein im Jahr 1965 $400 Millionen aufwenden um die Währung Süd-Vietnams zu stützen (Fall 294,301f.). Insgesamt wurden in den Jahren von 1953 bis 1965 $2.084 Milliarden von der AID in Süd-Vietnam ausgegeben (Campagna 4).

Diese Summe wurde aber nicht etwa in Schule, Krankenhäuser, Industrie oder sonstige Infrastruktur investiert. Süd-Vietnam benützte diese Gelder, um eine Gold- und Devisendeckung des Piaster von 77% ($216.4 Millionen). aufzubauen, obwohl das durchschnittliche Defizit in den Jahren von 1955-60 eine Milliarde Dollar betrug (Fall 306). Die eigentliche Intention von Entwicklungshilfe, den Lebensstandard der Bevölkerung von Entwicklungsländern zu heben, wurde in Süd-Vietnam verfehlt. Anstatt den Süden wirtschaftlich und sozial zu stärken wurde der Süden zu einer "[...]American funded society"(Kolko 221).

Diese totale Abhängigkeit Süd-Vietnams von amerikanischen Dollar benutzten die USA, um den damaligen Machthaber Diem zu Reformen zu bewegen, allerdings ohne Erfolg (Gibbons, II, 179). Kurze Zeit später wurde Diem in einem Putsch getötet.

III 2. Public Law 480

Im Rahmen dieses Programms kaufte die Regierung der USA Überschussproduktion amerikanischer Farmen auf, um sie an befreundete Entwicklungsländer zu liefern. Diese Exporte, die unter Weltmarktpreisen lagen, zerstörten nicht selten die Landwirtschaften der Empfängerländer, da die einheimischen Bauern nicht mit ihnen konkurrieren konnten. Süd-Vietnam erhielt von 1953 bis 1965 Agrargüter im Wert von $299.7 Millionen (Campagna 4). Diese Zahl ist im Verhältnis zu den eigentlichen Kriegskosten lächerlich gering, aber sie zeigt das Dilemma der damaligen amerikanischen Politik auf. Anstatt die Lebensbedingungen der Menschen dort zu verbessern, etwa durch eine effektive Bodenreform, lieferte man nur Nahrungsmittel und Geld. Aus dem Reisexporteur Süd-Vietnam, der 1960 noch 300.000 Tonnen ausgeführt hatte, wurde ein Reisimporteur. 1966 musste der Süden 200.000 Tonnen einführen. Bezahlt wurden diese Importe von den USA (Melman 151).

III 3. Commercial Import Program

Durch dieses Programm wurde das immense Handelsdefizit Süd-Vietnams von den USA finanziert. Dabei entstanden sogenannte "counterpart funds", die zu 78% für die Rüstung verwendet wurden (Herring 60ff.). Dieses Programm verstärkte die Abhängigkeit Süd-Vietnams von den USA. Nach Robert S. McNamara war das Hauptproblem Süd-Vietnams die politische und wirtschaftliche Instabilität. Ohne Stabilität konnte es jedoch keine militärische Lösung geben (McNamara 110). Da die Politik der USA es nicht vermochte, dem Süden Vietnams politische und wirtschaftliche Stabilität zu geben, muss die Politik der USA als verfehlt gelte. Insgesamt verwendeten die USA zwischen den Jahren 1950 und 1976 $9.4 Milliarden für die Entwicklungshilfe (Campagna 96).

III 4. Militärische Unterstützung

Die militärische Unterstützung Süd-Vietnams bezog sich, vor dem Kriegseintritt der USA, vor allem auf dir finanzielle und materielle Seite. In den Jahren 1953 bis 1965 belief sich die militärische Hilfe der USA allein auf $2.4 Milliarden (Campagna 96). Sie wurde nicht nur in Geld, sondern vor allem in Materiallieferungen geleistet. Die genannten Geldmittel erscheinen gering, doch sollte man nicht vergessen, dass das vietnamesische Militär fast ausschließlich von den USA finanziert wurde. Ebenso gingen hohe Summen der Entwicklungshilfe in die Rüstung, in Zahlen acht von zehn Dollar (Sheehan 24).

Während des Krieges lief die Rüstungshilfe der USA weiter. Das Pentagon versuchte sogar, den Piaster zu stützen. So kaufte das Pentagon im Jahr 1971 für $221 Millionen Piaster, gab aber nur $116 Millionen vor allem für Lebensmittel wieder aus (Kolko 234). Mit Beginn der Vietnamisierung verstärkten die USA ihre Lieferungen noch weiter. So wurden, unter der Regierungszeit Nixons, über 20.000 Kanonen, 40.000 Granatwerfer, 1200 Maschinengewehre und eine Million Gewehre an Süd-Vietnam geliefert (Herring 231). Durch die gewaltigen Materiallieferungen wurde der Süden immer abhängiger von den USA. Die Armee Süd-Vietnams kämpfte nach Art der Amerikaner, das heißt der Material- und Munitionsverbrauch war immens, ebenso die Kosten (Kolko 234).

Im Jahr 1972 hatte Süd-Vietnam 675 Hubschrauber und 740 Flugzeuge im Einsatz. Es erhielt 2650 Haubitzen und Mörser, 1000 Schützenpanzer und 300 Kampfpanzer. Insgesamt belief sich der Geldwert der amerikanischen Hilfe, während der Vietnamisierung, auf $5.3 Milliarden in Material, $1 Million in Basen, wie Cam Ran Bay, und $400 Millionen an von den Amerikanern zurückgelassenem Material (Kolko 378,449). Insgesamt sind dies $6.7 Milliarden Hilfe in den Jahren 1969-72.

Am 30.12.72 strich der amerikanische Kongress die Finanzmittel für Süd-Vietnam zusammen. Der Süden Vietnams war nun mit einer riesigen Armee ausgestattet, für deren Unterhalt es jedoch nicht mehr sorgen konnte. Die Höchstgrenze für finanzielle Hilfen an Süd-Vietnam wurde 1974 auf eine Milliarde Dollar festgelegt (Karnow 661). Den Vereinigten Staaten von Amerika brachte der Rückzug aus Vietnam und das Zusammenstreichen der finanziellen Hilfe für den Süden die dringend benötigte finanzielle Entlastung. Süd-Vietnam wurde durch den amerikanischen Rückzug dem Ende nähergebracht, da es sich ohne amerikanisches Geld keine Munition für amerikanische Waffen kaufen konnte (Podhoretz 165). Insgesamt beläuft sich der Wert der amerikanischen Militärhilfe auf etwa $10 Milliarden.

Es muss jedoch beachtet werden, dass der tatsächliche Wert der Rüstungshilfe sehr viel höher liegen kann. Acht von zehn Dollar Entwicklungshilfe für Süd-Vietnam gingen in die Rüstung, daher sind die $10 Milliarden eine Untertreibung (Sheehan 24).

Auch die amerikanische Rüstungshilfe für Süd-Vietnam ist ein Beispiel für fehlgeleitete Politik. Das Geld wäre besser bei einer wirklichen Entwicklungshilfe für den Süden Vietnams aufgehoben gewesen. Diese $10 Milliarden hätten aber auch in Amerika selbst investiert werden können, etwa in den verslumten Ghettos, in Reservaten oder zur Modernisierung der amerikanischen Wirtschaft.

IV. Der Krieg der USA

Als trotz der massiven Hilfe der USA Süd-Vietnam vor einer Niederlage stand, sahen sich die USA gezwungen, auch aktiv in den Krieg einzugreifen. Präsident Kennedy erhöhte die Zahl der Militärberater auf 16.575, die pro Jahr $414 Millionen kosteten (Campagna 8). Die Kosten für diese Soldaten sind nicht als Kriegskosten verbucht worden. Auf Kennedy folgte Johnson. Unter seiner Präsidentschaft begann der massive Aufmarsch amerikanischer Truppen in Süd-Vietnam. 1965 waren in Vietnam 185.314 GI`s,1966 385.000, 1967 485.000, 1968 536.000 und 1969 543.000, danach wurden die US-Truppen in Vietnam schrittweise verringert. 1973 befanden sich keine GI´s mehr in Vietnam (Campagna 30).

IV 1. Die budgetierten Kosten des Krieges

Die budgetierten Kosten des Krieges stellen einen Teil der Kriegskosten dar. Es soll geklärt werden, wieso die Kriegskosten außer Kontrolle gerieten. Dabei wird zunächst auf die Rolle der Legislative und der Exekutive eingegangen.

IV 1.1.Die Rolle der Legislative und der Exekutive

Die amerikanische Verfassung spricht dem Kongress in Artikel I Sektion 8 das Recht zu den Krieg zu erklären. In Artikel I Sektion 7 wird dem Repräsentantenhaus die sogenannte "Power of the Purse" zugestanden. Diese Rechte auf Seiten der Volksvertretung sollen Machtmissbrauch durch den mit großen Machtbefugnissen ausgestatteten Präsidenten verhindern. Abraham Lincoln stellte hierzu fest:

Kings had always been involving and impoverishing their people in wars, pretending generally, if not always, that the good of the people was the object. This our constitution understood to be the most oppressive of all kingly oppressions, and they resolved to so frame the constitution that no one man should hold the power of bringing this oppression to us. (zitiert in Littauer 115)

Der Kongress erklärt also den Krieg und finanziert ihn, während der Präsident nur als Oberbefehlshaber der Streitkräfte fungieren sollte(Artikel II Sektion 2). Diese Teilung führte allerdings zu Problemen. Als Oberbefehlshaber konnte der Präsident Truppenbewegungen auch ohne Erlaubnis des Kongress anordnen. (Dies wurde, als Antwort auf den Vietnamkrieg , durch die War Powers Act eingeschränkt.) Im 20. Jahrhundert weiteten die Präsidenten ihre Machtbefugnisse immer mehr aus.[1] In modernen Zeiten benötigt der Präsident größtmögliche Flexibilität um auf außenpolitische Geschehnisse reagieren zu können, auch in Form von limitierten Kriegen, wie etwa dem in Vietnam. Auch darf nicht vergessen werden, dass damals der Kalte Krieg herrschte und ein erklärter Krieg gegen Nord-Vietnam eventuell zu einer Konfrontation mit China oder der UDSSR geführt hätte (Littauer 117). Eisenhower und Kennedy sendeten lediglich Berater nach Vietnam, dies lag in ihrer Befehlsgewalt.

Die Kosten, welche die Berater verursachten, trug der Verteidigungshauhalt. Johnson verschaffte sich durch die "Gulf of Tonking Resolution" das Recht, Truppen in Vietnam einzusetzen, um amerikanische Truppen vor Angriffen zu schützen und diese abzuwehren. Am 4.5.1965 ersuchte Johnson den Kongress, $700 Millionen durch einen Nachtragshaushalt freizugeben. Die Zustimmung des Kongress wurde als Billigung der Politik des Präsidenten gewertet (Gibbons 249). Die Administration hatte nun in Vietnam fast freie Hand. Doch konnte sie sich nicht voll auf den Krieg in Vietnam konzentrieren, da sie in den USA "Krieg" gegen die Armut führte. Die Regierung ging davon aus, beide Kriege ohne besondere fiskalische Maßnahmen führen zu können. Dies war eine Fehleinschätzung, die zum Scheitern der "Great Society" und zu großen wirtschaftlichen Problemen führte.

Warum nutzte die Legislative nicht ihre Hoheit über die Finanzen, um den Krieg zu beenden? Die gewählten Volksvertreter befinden sich hier in einem Dilemma zwischen politischer Vernunft und einem Verpflichtungsgefühl gegenüber den, im Felde stehenden, Soldaten, die ihr Leben riskieren.

Congressmen will appropriate funds for a war for reasons other than a sense of national responsibility. For humanitarian reasons they do not want to cut off support for troops in the field […] Many Congressmen, in voting for defense appropriations, have stated on the floor of Congress that they were opposed to the war but felt that they could not cut off funds for a war that had already started (Littauer 120).

Im Jahr 1964 wurden mit dem "Revenue Act" die Steuern massiv gesenkt; das Einkommen der Amerikaner stieg um $9 Milliarden (Campagna 15). Die Wirtschaft boomte in diesen Jahren. Der Krieg führte allein im ersten Kriegsjahr zu einem "excess demand" von $14.9 Milliarden, der nicht durch Steuern kompensiert wurde. Dies führte zu Inflation (Garrison 178). Steuererhöhungen konnte die Regierung aber nicht vorschlagen, da sie um die "Great Society" fürchten musste (Kolko 287).

Auch auf anderem Gebiet beginn die Regierung schwere, die zu einer Explosion der Kriegskosten führten. Im Fiskaljahr 66/67 etwa wurden $10 Milliarden als Kriegkosten veranschlagt, unter der Annahme, der Krieg Ende mit dem Fiskaljahr. Dadurch sollte das Anhäufen großer Rüstungsmengen vermieden werden. Die Konsequenz war jedoch, dass keine weitergehenden Planungen, vor allem auf fiskalischem und geldpolitschem Gebiet, ge- troffen wurden (Campagna 32,33). Als Fazit lässt sich sowohl über die Exekutive als auch die Legislative sagen, dass beide in diesem Krieg versagt haben. Die Exekutive ließ sich von falschen Annahmen leiten, die Legislative nahm ihre Kontrollfunktion nicht wahr und gab mit der "power of the purse" ihr größtes Druckmittel aus der Hand. Erst 1972 begann der Kongress diese Kontrollfunktion wieder auszuüben und kürzte die Hilfen für Süd-Vietnam gegen den Willen Präsident Nixons.

IV. 1.2. Die amerikanische Art der Kriegführung

Die budgetierten Kosten des "amerikanischen" Krieges betragen $140 Milliarden für die Jahre 1965 bis 1976 (Campagna 83). Dies ist eine sehr hohe Summe für einen limitierten Krieg, auch sollte nicht vergessen werden, dass es keineswegs die gesamten Kriegskosten sind. Welche Rolle spielte die amerikanische Art der Kriegsführung bei der Entstehung dieser Summe?

Die amerikanische Militärdoktrin ist auf einen Krieg gegen Industrienationen ausgerichtet, also auf einen konventionellen-eventuell auch atomaren Krieg. Der Vietnamkrieg war aber ein Guerillakrieg, in dem Ziele wie Industrieanlagen, Infrastruktur und große Feindansammlungen, auf die konventionelle Armeen ausgerichtet sind, fehlen. Guerillas operieren in kleinen Gruppen und rekrutieren sich aus der einheimischen Bevölkerung, von der sie unterstützt werden (Littauer 3). Die Strategie der USA war auf drei Säulen aufgebaut, der "Pacification", "Search&Destroy" und dem Luftkrieg (Campagna 19).

IV. 1.2.1. Pacification

Der "Pacification" kam dabei das geringste Gewicht zu. In ihrem Rahmen sollten befriedete Gebiete feindfrei gehalten werden, um der Bevölkerung wieder ein normales Leben zu ermöglichen. Diese Strategie ist nicht offensiv ausgerichtet. 1968 wendeten die USA für offensive Operationen $14 Milliarden auf, für die "Pacification" aber nur $850 Millionen. 1966 war die "Pacification" den Amerikanern gar nur $600 Millionen wert (Komer 54 und 148). Ein größeres Gewicht auf der "Pacification" hätte den USA erhebliche Geldmittel und Soldatenleben gespart, da sie mit weniger Materialverbrauch und Offensiven verbunden gewesen wäre.

IV 1.2.2. Search & Destroy

Durch diese Strategie sollte der Viet-Cong und seine nord-vietnamesischen Verbündeten in Süd-Vietnam aufgespürt und vernichtet werden. Die Amerikaner verließen sich dabei auf extreme Feuerkraft (Melman 141). So verfeuerte die Armee während der Operation Masher/Whitewing innerhalb von eineinhalb Monaten 132.000 Granaten, 1000 Granaten pro gefallenem Feind (Gibbons ptIV 187). Laut Melman benötigten die USA 75 Bomben und 150 Granaten, um einen Feind zu töten (143). 1966 verbrauchten die USA Munition im Wert von $2 Milliarden Dollar. Dieser Wert stieg kontinuierlich auf einen Spitzenwert von $6.9 Milliarden im Jahr 1969. Selbst 1970, also nach Beginn der Vietnamisierung, verbrauchten die USA noch Munition im Wert von $5.9 Milliarden (Littauer 227).

IV 1.2.3. Der Luftkrieg

Der Luftkrieg war einerseits gegen Nord-Vietnam, andererseits sollten durch ihn der feindliche Nachschub unterbunden und die eigenen Truppen und Verbündeten unterstützt werden. Der Luftkrieg wurde von den Amerikaner mit enormen Materialverbrauch geführt. Die abgeworfene Bombentonnage überstieg die 6 Millionen Tonnen Grenze, dies entspricht der dreifachen Menge der von den USA im WKII abgeworfenen Tonnage an Bomben (Littauer V,VI). Es wird hier besonders deutlich, wie sehr Kosten und Nutzen in diesem Krieg auseinanderfielen. Nord-Vietnam entstand in den Jahren 65/66 durch das Bombardement ein Schaden von $200 Millionen, die USA wendeten um dies zu erreichen $1.7 Milliarden auf. Trotz tausender Einsätze brach Nord-Vietnam nicht zusammen, noch zeitigte der Luftkrieg positive Effekte im Süden. Die versuchte Abriegelung des Nordens aus der Luft kostete pro Monat $250 Millionen (Littauer 40 und 44).

Die USA verloren bis 1971 3689 Flugzeuge und 4857 Hubschrauber, deren Wert $ 10 Milliarden betrug. Der Luftkrieg hat an dem gesamten Kriegskosten einen Anteil von 30% (Kolko 187). Wenn man also $140 Milliarden als direkte Kriegskosten heranzieht, dann beträgt der Anteil des Luftkrieges $42 Milliarden. Dies ist eine immense Summe, wenn man bedenkt, dass der Gegner der USA ein Entwicklungsland war. Noch 1973 versuchte das Pentagon Flugzeugmunition im Wert von $255 Millionen zu beschaffen, deren einziger Zweck die Stabilisierung der Situation Süd-Vietnams war (Kolko 451).

Der Luftkrieg in Vietnam war eine teure Fehlinvestition. Selbst ein kleiner Teil der Milliarden, die durch ihn verschwendet wurden, hätten bei einem sinnvollen Einsatz dem Viet-Cong die Operationsbasis entzogen. Ein sinnvoller Einsatz wäre etwa eine effektive Bodenreform gewesen. General David M. Shoup kommentierte den Luftkrieg folgendermaßen: "It became increasingly apparent that the US bombing effort in both North and South Vietnam has been one of the most wasteful and expensive hoaxes ever to be put over on the American people" (zitiert in Littauer 29).

IV 1.3. Die Finanzierung des Krieges

Der Vietnamkrieg war ein sehr teuerer Krieg. Wie jedoch finanzierten die USA diesen Krieg? Welche Möglichkeiten bestehen um das für einen Krieg nötige Kapital zu beschaffen? Da es ohne Geld keinen Krieg geben kann, ist diese Frage von größter Wichtigkeit. Steuern sind eine Möglichkeit, Geld für einen notwendigen oder unnötigen Krieg zu beschaffen, Defizite und Inflation eine andere (Buchan 333, 340f.). Bevor die Finanzierung des Vietnamkrieges diskutiert werden kann, ist eine Veranschaulichung der budgetierten Kriegskosten, in Form einer Tabelle sinnvoll.
 

Year Total Cost (Billion $) Incremental Costs

Billion $

1965 0.1 0.1
1966 5.8 5.8
1967 20.1 18.4
1968 26.5 20.0
1969 28.8 21.5
1970 23.0 17.4
1971 14.7 11.5
1972 9.4 7.0
1973 6.3 4.5
1974 3.1 ----
1975 1.4 ----

Quelle: Campagna 83

Es fällt hier der Unterschied zwischen den Vollkosten und Zusatzkosten auf. Die Vollkosten umfassen alle Kosten, die direkt dem Vietnamkrieg zugerechnet werden können. Wenn man von den Vollkosten die Kosten abzieht, welche die eingesetzten Truppen in Friedenszeiten kosten würden, erhält man die "incremental costs", also die Grenz- oder Zusatzkosten.

Steuern als Mittel der Kriegsfinanzierung wurden von den USA erst sehr spät verwendet. 1964 hatte man massive Steuersenkungen durchgeführt. Mit Beginn der Eskalation mehrten sich Stimmen, die Steuererhöhungen verlangen (Campagna 33f.). Aus politischen Gründen wurde dies jedoch abgelehnt. Johnson fürchtete, wie schon gesagt, um die "Great Society", die durch Steuererhöhungen gefährdet worden wäre. Erst 1968 wurde eine Steuer auf Einkommen, in Höhe von 10% eingeführt, durch die $21 Milliarden eingenommen wurden. Die Summe der Haushaltsdefizite der USA zwischen 1965 und 1972 betrug $61 Milliarden, die Staatsschulden stiegen um $85.9 Milliarden (Campagna 145). Durch rechtzeitige Steuererhöhungen hätte man einen Teil der Defizite und die daraus resultierenden Staatsschulden vermeiden können. Der Krieg wurde durch Defizite finanziert. 1966 lag das Defizit bei $3.8 Milliarden, 1968 waren es schon $25.2 Milliarden. Die Zinsen auf Staatsanleihen stiegen stark an um die Defizite finanzieren zu können (Kolko 288). Doch auch durch Aufschieben notwendiger Investitionen im militärischen Bereich wurde ein Teil der Kriegskosten finanziert (Littauer 105/Campagna 38). Das größte Opfer, das der Finanzierung des Krieges gebracht wurde, war die "Great Society". So wurden die Mittel des "Office of Economic Opportunity" im Fiskaljahr 1966 von $3.4 Milliarden auf $1.75 Milliarden gekürzt (Campagna 61). Die Finanzierung des Krieges wurde falsch gehandhabt und führte zu einer Inflation, aus der eine Wirtschaftskrise resultierte.

IV 1.4. Zukünftige Kosten des Krieges

Mit dem Ende des Vietnamkrieges endete nicht die Kostenspirale, die er in Gang gesetzt hatte. Aus Soldaten werden Veteranen, die unterstützt werden müssen. Schulden, die durch den Krieg verursacht wurden müssen beglichen werden.

IV 1.4.1. Veteran`s Benefits

Die Kosten, die durch Zahlungen an Veteranen entstehen, sind kaum zu berechnen. Dies liegt darin begründet, dass man nicht vorausrechnen kann, wie lange die Zahlungen zu leisten sind. Folglich gibt es nur Schätzwerte, um diese Kosten zu beziffern. Diese Schätzungen sind auch nötig, um ein wenigstens annähernd vollständiges Bild der Kosten zu erhalten. Clayton zog als Referenz den zweiten Weltkrieg und den Koreakrieg heran. Die Zahlungen an Veteranen des WKII betragen 101% der Kriegskosten, für den Koreakrieg 184%. Clayton übernahm den Wert des Koreakrieges und erhielt bei Kriegskosten von $155 Milliarden "veteran`s benefits" in Höhe von $285 Milliarden (387). Campagna, der sich auf Clayton bezieht, nahm einen Durchschnittswert von 142% aus dem WKII und dem Koreakrieg. Dabei erhielt er eine Summe $220 Milliarden, die für Veteranen veranschlagt werden müssen (99). Beide Werte sind Schätzwerte. In dieser Arbeit wird der Wert Campagnas zur Berechnung der Kriegskosten herangezogen, da er mir realistischer erscheint, als der doch recht hohe Wert, der von Clayton benutzt wird.

IV 1.4.2. Public Interest

Auch die Zinszahlungen auf Kriegsschulden sind kaum zu berechnen, wie Campagna feststellt. Eine Berechnungsgrundlage von 20%, die Clayton im Rahmen eines JEC Hearings vorschlug wird von Campagna übernommen. Er erhält dabei eine Summe von $31 Milliarden(Campagna 99-100/ Clayton JEC 1969 148). Im Verhältnis zu den bisher aufgelisteten Kosten ist dies ein geringer Betrag. Wenn man jedoch bedenkt wie desolat die Lage vieler amerikanischer Bürger ist, erhält diese Summe eine andere Bedeutung. Es ist Geld, das der Verbesserung der Lebenssituation vieler Amerikaner entzogen wird. Alles in allem betragen die zukünftigen Belastungen des amerikanischen Budgets $252.

IV 1.5. Zusammenfassung der budgetierten Kosten

Insgesamt betragen die direkten Kriegskosten von 1965-1971 $136.6 Milliarden. Diese Kosten sind allerdings nicht vollständig. So konnten die USA auf ein schon existierendes Inventar an Kriegsgerät zurückgreifen. Dies wurde daher nicht zu den Kriegskosten gezählt. Stevens schlägt den Kriegskosten $15 Milliarden zu, da seiner Meinung nach das Pentagon personelle Kosten zu gering angab, ebenso wie die Vollkosten der Jahre 65/66 (Stevens 90 und 93).

Zusammen mit den zukünftigen Kosten des Krieges resultieren daraus $404 Milliarden, die dem Staat entstanden sind und noch entstehen. Addiert werden müssen noch die Kosten der Entwicklungs- und Militärhilfe, etwa $ 18.3 Milliarden (Campagna 96). Die Kosten des Krieges betragen demnach $424.3 Milliarden.

IV 2. Die nicht-budgetierten Kosten des Krieges

Den USA entstanden durch den Vietnamkrieg aber nicht nur direkte Kosten, die in Budgets offengelegt sind, sondern auch indirekte Kosten, die erheblich schwerer zu berechnen sind, aber berücksichtigt werden müssen, um ein vollständiges Bild der Kosten zu erhalten. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Kosten der Wehrpflicht (conscription tax), den Kosten durch Versehrte und Gefallene und den Schäden der amerikanischen Wirtschaft.

IV 2.1. Conscription Tax[2]

Die in Vietnam kämpfenden amerikanischen Truppen bestanden zu großen Teilen aus Wehrpflichtigen, die für ein Jahr in Vietnam kämpften. Insgesamt waren von 1965 bis 1973 3.4 Millionen GI´S in Vietnam. Sie erhielten in der Armee weniger Sold als sie in der freien Wirtschaft Lohn erhalten hätten. Die Differenz nennt man "conscription tax".

Eisner errechnete einen Wert von $76.4 Milliarden, allerdings schon 1970. Littauer verwendete die Formel Eisners mit angepassten Koeffizienten und kam auf einen Wert von $60 Milliarden.(Eisner 120/ Littauer 104 und 240). Stevens errechnete einen Wert von $15 Milliarden. Er zog dabei von dem damaligen Mindestlohn von $5400 den Sold der Wehrpflichtigen in Höhe von $1655 ab und multiplizierte die Differenz mit den gesamten Mannjahren der US-Armee in Vietnam (Stevens 184). In dieser Arbeit wird Stevens Ergebnis verwendet. Es stellt eine vorsichtigere Schätzung als die Eisners und Littauers dar. Der Krieg war schon beendet, als Stevens seine Berechnungen anstellte. Er konnte deswegen auch für das Jahr 1972 gesicherte Informationen verwenden. Die Wehrpflicht verursachte allerdings nur einen kleinen Teil der "zivilen" Kosten des Krieges.

There are other usually unmeasured costs of the war and the means, including the draft, by which it had been prosecuted. How many hundreds or thousands of young men have been wasting years in colleges that they do not wish to attend[…]because they find this the most effective means of avoiding service in a war of which they want no part. (Eisner 119).

IV 2.2. Kosten durch Verwundete und Gefallene

Auch in diesem Abschnitt werden lediglich die messbaren Kosten beschrieben. Der immaterielle Schaden, der einer Familie durch den Tod eines Angehörigen entsteht, wird dabei außer Acht gelassen.

Versehrte fallen, je nach Grad der Behinderung, teilweise oder ganz für die Wirtschaft aus. Diese Kosten sind jedoch kaum zu berechnen, da es verschiedene Behinderungsgrade unter den Versehrten gibt. Daher muss ein durchschnittlicher Behinderungsgrad angenommen werden, um einen Näherungswert zu erhalten. Eisner kalkulierte die Kosten für Versehrte und ihre Hospitalisierung auf $11.5 Milliarden (JEC 1970 677-678).

Gefallene sind für die amerikanische Wirtschaft verloren. Sie hätten ohne den Vietnamkrieg in dieser Volkswirtschaft gearbeitet und dabei eine gewisse Summe an Geldwerten erwirtschaftet. Bei einem jährlichen Durchschnittseinkommen von $10.000, so rechnet Campagna, einem Durchschnittsalter von 20 Jahren, 40 Jahren Lebensarbeitszeit und 57.777 Gefallenen, beläuft sich der Schaden, welch der US-Wirtschaft entstand auf $23 Milliarden. Ein Teil dieser Summe wäre also verbraucht worden; außerdem wird kein Verdienstzuwachs eingerechnet. Campagna, der keine Schätzungen bezüglich Versehrter angibt, nimmt $23 Milliarden als Gesamtwert. Die fehlenden Versehrtenkosten werden also durch die fehlende Subtraktion eines Teils dieser Summe wettgemacht. (101-102). Auch die hier errechneten Kosten stellen eine Untertreibung dar und sind nicht vollständig. In dieser Arbeit wird das Ergebnis Campagnas übernommen.

IV 2.3. Verluste der amerikanischen Wirtschaft

Der Vietnamkrieg verursachte auch der amerikanischen Wirtschaft hohe Kosten. Es ist jedoch wegen der Komplexität wirtschaftlicher Phänomene kaum möglich, die entstandenen Kosten allein dem Vietnamkrieg zu zurechnen.

IV 2.3.1.Inflation

Die Wirtschaft der USA lief 1965 auf Hochtouren. Die Kapazitätsauslastung lag bei 91% und Arbeitslosigkeit bei 4,4% (Garrison/Mayhew 178). Die nun beginnende Aufrüstung für den Vietnamkrieg sollte, wie schon beschrieben, nicht durch Steuererhöhungen finanziert werden. Auch sollten andere Staatsausgaben nicht gekürzt werden (Campagna 19). Insgesamt wurden die Mehrausgaben für den Vietnamkrieg nicht dadurch kompensiert, dass man dem privaten Sektor Geld entzog. Dies führte dazu, dass die amerikanische Wirtschaft mit einem "excess demand" konfrontiert wurde, der zu einer "demand inflation" führte (Campagna 54). Die amerikanische Zentralbank sah sich gezwungen den Diskontssatz herauf zu setzen. Dies führte zu einer Verteuerung aller Kredite. Besonders nachteilig davon be- troffen war der Wohnungsbau, der stark zurückging. In den Jahren von 1960-66 wurde jährlich mit dem Neubau von 1.4 Millionen Wohneinheiten begonnen, 1967 nur noch von 1.3 Millionen und 1970 waren es sogar nur noch 1.18 Millionen Einheiten (Eisner War 116-117). Insgesamt belief sich die durchschnittliche Inflationsrate von 1965-68 auf 4.5%. 1969 lag sie bei 6.9% (Kolko 288).

Für die Inflation muss das Missmanagment der amerikanischen Regierung unter Johnson verantwortlich gemacht werden. Sie versäumte es durch rechtzeitige Steuererhöhungen das Geld zu verknappen und damit eine Inflation zu verhindern. Doch welche Summe beläuft sich der Schaden durch die Inflation?

Stevens errechnete als Schadenssumme $140 Milliarden. Dies ist eine enorme Summe, sie entspricht in etwa den direkten Kriegskosten (Stevens 161). Campagna kritisiert das Verfahren, mit dem Stevens sein Ergebnis erzielte, als unrealistisch. Vor allem kritisiert er die Annahme, Inflation sei als Kostenpunkt zu sehen. Campagna geht eher von einer Umverteilung von unten nach oben aus, nicht von Kosten für eine Nation (104). Seine Kritik ist meiner Meinung nach nicht korrekt. Reichere Schichten der Bevölkerung werden in der Tat nicht so hart von einer Inflation getroffen wie ärmere Schichten. Deren knappes Einkommen verliert in einer Inflation zusätzlich an Kaufkraft. Für dies Menschen ist Inflation tatsächlich ein Kostenpunkt. Durch eine massive Inflation, wie in den USA zu Zeiten des Vietnamkrieges, entstehen auch den einzelnen Unternehmen Schäden durch eine sich verringernde Konkurrenzfähigkeit auf internationalen Märkten, da Exporte durch Inflation verteuert werden, und dies stellt für eine Nation sehr wohl einen Kostenpunkt dar.

IV 2.3.2. Rezession

Zu Beginn des Krieges lief die US-Wirtschaft gut. Dies änderte sich im Verlauf des Krieges. Die Unternehmensgewinne sanken von 1965-70 um 11%, der Aktienwert amerikanischer Unternehmen um $280 Milliarden oder 36.5% (Eisner 113f.). Die Zahlungsbilanzdefizite der USA stiegen stark an. 1966 lag es bei $3.3 Milliarden, 1969 war es schon auf $9.4 Milliarden angewachsen, bei einem Haushaltsdefizit von 25.2 Milliarden. Der Wert des Dollars verfiel zusehends, als ausländische Zentralbanken begannen, Dollar gegen Gold zu tauschen. 1972 wurde die Golddeckung des Dollar und die Währung abgewertet (Kolko 288-289 und 350). In der Rezession von 1970-72, die nach Ansicht von Stevens durch den Krieg verursacht wurde, verlor die US-Volkswirtschaft $185 Milliarden Dollar (Stevens 158). Auch hier stellt sich die Frage, ob dies Kosten des Krieges sind. Ob die Rezession von 1970-72 ohne den Vietnamkrieg stattgefunden hätte oder nicht, kann heute nicht mehr festgestellt werden. Fest steht aber, dass der Vietnamkrieg die Wirtschaft der USA gehörig durcheinander brachte und schädigte.

IV 2.3.3. Außenhandelsverluste

Der Außenhandel der USA wurde durch den Vietnamkrieg in Mitleidenschaft gezogen. Die Inflation verteuerte amerikanische Exporte, so dass sie nicht mehr konkurrenzfähig waren. Stevens veranschlagt die Außenhandelsverluste der USA auf $8 Milliarden (110). Die Frage der Zurechenbarkeit dieser Kosten muss auch hier wieder gestellt werden. Es ist, wie bei den anderen indirekten Kosten des Krieges, eine Frage der Interpretation. Meiner Meinung nach, verteuerte die Inflation, die Kriegs-bedingt war, die Exporte der USA. Diese Verteuerung führte zu einem Rückgang der Exporte. Die Abwertung des Dollar verursachte zudem einen gewissen Anteil dieser Außenhandelsverluste.

IV 2.4 Zusammenfassung der indirekten Kosten

Insgesamt belaufen sich die indirekten Kosten auf:

Conscription Tax $15 Milliarden

Gefallene $23 Milliarden

Zwischensumme $38 Milliarden

Inflation $140 Milliarden

Rezession $185 Milliarden

Außenhandelsverluste $8 Milliarden

Gesamt $371 Milliarden

Melman errechnete, dass die Kosten einer wirtschaftlichen Förderung von 30 Millionen bedürftiger Amerikaner bei einer Ausgabe von $50.000 pro Kopf und Jahr, auf zehn Jahre angelegt $375 Milliarden kosten würde. (121). Die indirekten Kosten des Krieges entsprechen dieser Summe. Bei einem Vergleich dieser Art wird deutlich, wie sehr sich der Vietnamkrieg gegen das Wohl der Bevölkerung der USA richtete. Es muss aber auch gesagt werden, dass die Bevölkerung Vietnams viel unmittelbarer geschädigt wurde, als die amerikanische.

V Zusammenfassung

Insgesamt belaufen sich die Kosten des Krieges wie folgt (siehe auch Campagna 96):
 

Direkte Kosten $177.4 Milliarden
Zukünftige Kosten $251.0 Milliarden
Indirekte Kosten $371.0 Milliarden
Gesamt $ 798.4 Milliarden

Der Vietnamkrieg kostete also $798.4 Milliarden. Dies ist eine kaum fassbare Summe. Sie kann höher oder niedriger liegen. Kriegskosten sind kaum zu berechnen, vor allem wenn sie über die im Haushalt veranschlagten Kosten hinausgehen. Controller RobertC. Mood sagte:

It is necessary to emphasize, wherever southeast-Asia costs are discussed in any connection, that these figures are estimates. There are no accounting records to identify war cost, nor could there be. Moreover, even granting that war costs must be estimated, there is plenty of room for debate as to how particular items should be reflected. There is no one correct basis for stating the cost of the war (zitiert in Littauer 97).

Kriegskosten festzustellen ist folglich sehr schwer und jegliches Ergebnisse sind angreifbar, da man sich häufig auf Schätzwerte verlassen muss. Um aber wenigstens eine Skizze der Kriegskosten zu erhalten, muss man sich auf solche Schätzungen verlassen. Die Kosten des Vietnamkrieges sind, trotz der Unsicherheit ihrer Feststellung, immens. Fehlplanungen der amerikanischen Regierung ließen die Kosten explodieren. So wurde erst 1968 versucht durch Steuern dem privaten Sektor Geld zu entziehen, um die Inflation einzudämmen. Die Unternehmensgewinne sanken stark, ebenso wie private Einkommen. Die "Great Society" wurde dem Krieg geopfert. Die Entwicklungshilfe, die Süd-Vietnam geleistet wurde, ist zweckentfremdet für die Rüstung eingesetzt worden.

Der Krieg richtete sich schließlich gegen die Wirtschaft der USA und gefährdeten die Stellung der USA in der Weltwirtschaft (Kolko 351). In der Tat wären ohne den Vietnamkrieg hohe Geldsummen frei gewesen, die zum

Beispiel bei der Modernisierung der USA hätten eingesetzt werden können. Nicht vergessen werden darf der moralische Schaden, der den USA entstand. Ein Entwicklungsland wurde von den USA angegriffen und stark zerstört. Dieser moralische Schaden kann mit Geld nicht beziffert werden, ebenso wenig wie andere immaterielle Schäden des Krieges. Der Vietnam- krieg war ein sehr teuerer Krieg, dessen Kosten bis heute nicht genau zu berechnen sind. Er verbraucht aber Geld, das vielen Amerikanern geholfen hätte ihren Lebensstandard zu heben und die Kluft zwischen Arm und Reich zu verkleinern.

Bibliographie:

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Calleo, David P. The Imperious Economy. Cambridge Ma: Harvard University Press, 1982

Campagna, Anthony S. The economic Consequences of the Vietnam War. New York: Praeger, 1991

Charles Garrison/Mayhew Anne. " The Alleged Vietnam War Origins of the Current Inflation: A Comment". In: Journal of Economic Issues Vol. XVII Number I (March 1983): 175-186

Congress of the United States, Joint Economic Committee, Subcommittee on Economy in the Government, The Military Budget and National Economic Priorities, 91st Congress First Session Part I June 69, Changing National Priorities, 91st Congress Second Session Part 2, June 70

Gardner, Lloyd C.; Pay any Price:Lyndon Johnson and the Wars for Vietnam.Chicago: Ivan R. Dee, 1995

Gibbons, William C.(ed). The U.S. Government and the Vietnam War Parts I-IV, Washington D.C.: Library of Congress. Part I+II, 1984. Part III, 1988. Part IV, 1994

Herring, George. America`s Longest War: The U.S. and Vietnam. New York: Random House, 1986

Hyman, Lymar. "Vietnam and the U.S. Economy". In: Political Affairs, 1966: 1-13

James Clayton. "The fiscal costs of the Cold War to the United States: The first 25 years, 1947-1971"; in: The Western Political Quarterly 66 (Sept 72): 375-395

Karnow, Stanley. Vietnam:A History New York: Viking Press. 1983

Kolko, Gabriel. Anatomy of a War: Vietnam, the United States and the Modern Historical Experience. New York: The New Press, 1994

Littauer, Ralph and Norman Uphoff (eds.). The Air War in Indochina. Boston: Beacon Press, 1971

Melman, Seymour. Pentagon Capitalism: The Political Economy of War. New York: McGraw-Hill, 1970

Raeithel, Gert. "Der Krieg in Dollar und Cent". Frankfurter Hefte 1971: 582-583

Robert Eisner. "The War and the Economy", in: Sam Brown/Ackland Len. Why are we still in Vietnam. New York: Vintage Books, 1970: 109-123

Stevens, Robert. Vain Hopes, Grim Realities. New York: New View Points, 1976

The Permanent War Economy. New York: Simon and Schuster, 1982

Weidenbaum, Murray, Economic Impact of the Vietnam War. Center for Strategic Studies, Special Report Series No 5, Georgetown University. Washington D.C.: Renaissance Editions, June 67

Endnoten

  1. Detailiert wird dieser Prozess in Walter LaFeber, The American Age: US Foreign Policy at Home and Abroad Volume 2 Since1896 (2nd ed),New York: W.W.Norton& Co 1996 beschrieben.[zurück]

  2. Die verwendeten Formeln lauten:[zurück]
    Eisner: ACC=(-52.93)+(71,12)(AF)-(31,24)(AF)²+(4,64)(AF)³
    Littauer: ACC=(-26,21)+(38,32)(AF)-(18.00)(AF)²+(2.88)(AF)³
    ACC= Added Costs of Conscription
    AF = Total armed forces personell
    Eisner verwendete 3.456.000 Soldaen, Littauer 3.161.000
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