Deutsch-Amerikanischer Almanach

Claudia Hellmann, M.A.
Die Finanzpolitik des Gilded Age in den Karikaturen von Thomas Nast

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Einleitung

Zahlreiche wissenschaftliche Publikationen haben sich mit der Wirtschafts- und Finanzgeschichte der Vereinigten Staaten auseinandergesetzt und dabei den Ereignissen in den Jahrzehnten nach dem Bürgerkrieg besonders aufmerksam Beachtung geschenkt. Vorliegende Arbeit möchte sich den Finanzfragen des Gilded Age aus einer neuen Perspektive nähern. So soll im Vordergrund nicht die Schilderung der Ereignisse aus rein ökonomischer oder politischer Sicht stehen, sondern der Niederschlag, den die Gesetze, Resolutionen und Auseinandersetzungen in den Karikaturen von Thomas Nast fanden. Seine in dem politischen Wochenblatt Harper's Weekly veröffentlichten Karikaturen sind ein Zeitdokument von ungewöhnlicher Vitalität und Anschaulichkeit. Mehr als ein Jahrhundert nach ihrem Erscheinen legen sie Zeugnis darüber ab, wie leidenschaftlich zu jener Zeit Fragen nach Art und Menge der Währung diskutiert wurden. Anders als manch schriftliches Dokument vermitteln sie weniger Fakten als Positionen und Ideologien. Mit seinen felsenfesten Überzeugungen steht der Karikaturist auch stellvertretend für eine aus finanzpolitischer Sicht konservative Gruppe, deren Ansichten er in seinen Zeichnungen vertrat bzw. deren Gegner er aufs Schärfste kritisierte. Da sich in Bezug auf die vielschichtigen Geldfragen die sonst eher starren Parteilinien spalteten, bietet dies auch eine gute Gelegenheit, einen Blick auf jene nicht klar parteipolitisch zu definierenden Gruppen zu werfen.

Der Bürgerkrieg brachte in vielfacher Hinsicht unabsehbare Folgen mit sich. So erschöpften die hohen Kosten schnell die Goldreserven und zwangen das Schatzamt im Dezember 1861 zur Aussetzung der Goldzahlungen. Um die entstandene Finanzlücke zu schließen, verabschiedete der Kongreß wenig später den Legal Tender Act, auf dem basierend in den nächsten Monaten große Mengen an United States notes in Umlauf gebracht wurden. Diese wegen ihrer grünen Farbe auch greenbacks genannten Banknoten galten als legales Zahlungsmittel für alle öffentlichen und privaten Schulden, ausgenommen Zollabgaben und Zinsen auf öffentliche Schulden, welche weiterhin in Münze gezahlt werden mußten. Weder beim Präsidenten noch im Kongreß oder in der Bevölkerung konnte die Maßnahme zunächst Begeisterung wecken, sie wurde aber als notwendiges Übel für die Sache der Union in Zeiten des nationalen Notstandes akzeptiert. "It was considered warranted only by extreme necessity, as a temporary measure, to save the Union and hence the Constitution itself." Zur Zeit ihrer Ausgabe waren die Banknoten nicht in Gold einlösbar und wann bzw. wie dies möglich sein würde, wurde nicht näher spezifiziert. Es wurde jedoch allgemein angenommen, daß die Nation mit dem Ende des Krieges wieder zum Goldstandard zurückkehren würde und daß der Gegenwert der greenbacks dann in Gold ausgezahlt werden würde. Tatsächlich aber entwickelte sich aus einer Notmaßnahme, die zu einem Dauerzustand wurde, und den der Interpretation überlassenen Detailfragen eine über Jahrzehnte andauernde hitzige Kontroverse um die Währung des Landes.

Neben den Fragen der Reconstruction, die ab Ende der 1860er Jahre ohnehin an Bedeutung verloren, wurde die Finanzpolitik zum übergreifenden Thema der amerikanischen Politik des ausgehenden neunzehnten Jahrhunderts. So weist der Historiker Cashman in seiner Analyse jener Nachkriegsära auf dieses bereits im doppeldeutigen Namen anklingende, beherrschende Thema des Gilded Age hin:

"In the most literal sense of the word it was gilded: politics and economics were bound by bars of gold. And what should be the true basis of the currency-whether gold, silver, or credit-became the most enduring controversy of the period. It tarnished presidents and Congress, Supreme Court and stock market, and both major parties. It was the eye of the hurricane of depression in 1873 and 1893 and the heart of the new Greenback and Populist parties."

Für diese Arbeit sollen jene Aspekte und Ereignisse herausgegriffen werden, die in der Finanzpolitik des Gilded Age eine besondere Rolle spielten und die Gemüter der Menschen bewegten. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht dabei die Art und Weise, wie Nast in seinen Karikaturen dazu Stellung bezog. Neben seiner Behandlung der zentralen Finanzfrage-Art und Menge der Währung-sollen in einem einleitenden Kapitel auch solche Themen miteinbezogen werden, die nur im weiteren Sinne mit der Geldpolitik zu tun haben, wie z.B. Nasts Haltung zu Arbeitern und Unternehmern oder zum Problem der Korruption. Indem so der Blick auch auf Themen von übergreifenderer, wirtschaftspolitischer Bedeutung gelenkt wird, soll versucht werden, eine möglichst umfassende Analyse der Haltung des Karikaturisten zu ökonomischen Fragen zu erstellen.

1. Wirtschaft und Finanzen im Gilded Age

1.1. Die Bedeutung der Finanzpolitik

Wie bereits erwähnt, war neben den Fragen der Reconstruction, die schon wenige Jahre nach Kriegsende in den Hintergrund traten, wohl kein Thema von so herausragender Bedeutung wie das der Finanzpolitik und der vielen damit zusammenhängenden Probleme. Ungelöste Fragen wie der Standard der Währung (Gold, Silber oder Papiergeld), die Wiederaufnahme der Einlösbarkeit der greenbacks in Gold (die sog. resumption of specie payments) oder die Auszahlung von Kriegsanleihen in Münze oder Papiergeld waren das Erbe des Bürgerkrieges, die die Nation bis Mitte der 1890er Jahre beschäftigten. Dabei waren es nicht nur Politiker, Bankiers und Wirtschaftsbosse, die sich mit diesen Themen intensiv auseinandersetzten. Auch der normale Bürger beteiligte sich an der Debatte, da in diesen wirtschafts- und finanzpolitisch so unruhigen Zeiten das Leben jedes einzelnen von Entscheidungen zu diesen Fragen betroffen war. So betont Walter Nugent in seiner großartigen Studie über den Zusammenhang von Geld und Gesellschaft zwischen 1865 und 1880 die herausragende Bedeutung der Finanzpolitik, die aus heutiger Sicht nicht unterschätzt werden sollte:

"Monetary policy was not discussable or enforceable without some people being pleased, others distressed, some helped, and still others hurt. Banks and bonds may seem dull, gold and greenbacks may seem dead, and bimetallism versus monometallism may seem positively desiccated. For the post-Civil War years, however, they were smoky battlegrounds of social conflict, and for the present day, therefore, they are excellent indices of social change and social tension."

Die Geldfrage polarisierte die Gesellschaft. Interessanterweise tat sie dies nicht entlang der traditionellen Parteilinien, vielmehr waren die zwei großen Parteien diesbezüglich gespalten, was im Laufe der Jahre zur Gründung von mehreren Drittparteien führte, die sich in erster Linie den ökonomischen Problemen verschrieben hatten. "The money question turned Arcadia into a battlefield," bemerkt Nugent zur Verschärfung der Finanzdebatte ab 1873, und er fährt fort: "While it lasted, (...) the money question gripped the country like a vise." Dafür gab es eine Vielzahl von Gründen: So betraf die Frage der Währung tatsächlich jeden einzelnen, die Folgen der Panik und Depression von 1873 verstärkten den wirtschaftlichen Druck und Handlungsbedarf, und viele politische Themen standen in direktem Zusammenhang mit wirtschaftlichen. "At the broadest level, the financial question concerned the direction of political and economic development. Other great political issues of the day-including sectional relations, changing class categories, nationalism vs. internationalism, and racial and ethnic animosities-became intertwined with the debate over finance." Die Finanzfrage berührte also viele andere Themen jener Zeit, war darüber hinaus aber auch Ausdruck unterschiedlicher Weltanschauungen.

"But most of all, the money question was so gripping because it engaged the contending world-views of the members of society, bringing them into confrontation on the level of rhetoric in a manner which almost unavoidably loaded them down with the weight of moral systems that could not be compromised. Money was critical because it was moral."

Betrachtet man die Finanzdebatte als Ausdruck miteinander konkurrierender Ideologien, so wird klar, daß etwa hinter der Frage, ob neben Gold auch Silber als Währung gelten solle, mehr als eine rein ökonomische Entscheidung für das eine oder andere Metall steckte. In Kapitel 1.3. sollen die konträren Haltungen näher beleuchtet werden. Zunächst jedoch ist es nötig, den Karikaturisten und sein Werk kurz vorzustellen und dabei besonders auf seine Grundeinstellung zu Wirtschafts- und Finanzfragen einzugehen.

1.2. Thomas Nast und seine Grundhaltung zur Wirtschaft

1.2.1. Kurze biographische Skizze

Der 1840 in Landau in der Pfalz geborene Nast wanderte bereits im Alter von sechs Jahren mit seiner Familie nach Amerika aus. Schon früh begann er seine Karriere als Bildreporter und machte während des Bürgerkrieges vor allem durch allegorische Darstellungen von sich reden. Der Bürgerkrieg war das einschneidendste Erlebnis in Nasts Leben, und er fühlte sich auch Jahre danach der Sache der Union und der Ziele, für die sie gekämpft hatte, verpflichtet. Nach dem Krieg fand sich Nast auf Seiten der Radikalen Republikaner wieder, mit deren Kampf gegen Präsident Johnson auch seine Karriere als Karikaturist begann. Bis in die frühen 1880er Jahre hinein stand er fest hinter der Republikanischen Partei (RP)-er verehrte vor allem den langjährigen republikanischen Präsidenten Ulysses Grant-und kämpfte erbittert gegen Demokraten oder Dissidenten aus den eigenen Reihen. 1884 schließlich wurde Nast selbst zum Abtrünnigen, als er sich zu der schwierigen Entscheidung durchrang, die Demokratische Partei (DP) und ihren Präsidentschaftskandidaten Grover Cleveland zu unterstützen. Wenig später verließ Nast die Zeitschrift Harper's Weekly, für die er seit 23 Jahren gezeichnet hatte. Versuche, ein eigenes Blatt zu gründen, scheiterten, und der einst als "Vater der politischen Karikatur in Amerika" gefeierte Künstler geriet fast völlig in Vergessenheit. Erst nach Nasts Tod im Jahr 1902 wurde sein Werk von Historikern wiederentdeckt.

1.2.2. Kapital und Arbeit

In einem für die damalige Zeit typischen Fortschrittsglauben unterstützte Nast die Interessen der Unternehmer, die seiner Meinung nach dem Land zu Fortschritt und Wohlstand verhalfen. Nast zollte dem Unternehmer Respekt, denn auf seinen Schultern lastete viel Verantwortung. In der Karikatur "Put Yourself in His Place" [32k] kontrastiert er zu diesem Zweck das Leben des Arbeiters mit dem des Kapitalisten. Während ersterer nach getaner Arbeit einen ruhigen Feierabend im Kreis der Familie genießt, sitzt der andere bis spät in die Nacht über seinen Büchern, versucht finanzielle Probleme zu lösen und die Forderungen der Gewerkschaften zu erfüllen. Grundsätzlich war Nast aber auch überzeugt, daß die Rolle des Arbeiters im Prozeß der Wirtschaft nicht unterschätzt werden dürfe. Er wies vielmehr auf die enge Verbindung zwischen Kapital und Arbeit hin, wie z.B. in "Seed that Bears Fruit" [90k]. Nur durch ihr Zusammenspiel war Wohlstand zu erreichen. Hier wird zum einen deutlich, daß Nast eine doch recht idealistische Auffassung vom Miteinander der sozialen Gruppen hatte, zum anderen aber auch, warum Nast der Arbeiterbewegung so negativ gegenüberstand. So brachte er zwar den ehrlichen, hart schuftenden Arbeitern Respekt entgegen, aber für Gewerkschaften oder gar Streiks hatte er kein Verständnis, da nur das Miteinander von Arbeitgebern und Arbeitnehmern Frieden und Wohlstand für alle versprach. Dagegen schien der Weg vom Arbeitskampf zu Anarchie und Kommunismus für ihn bereits vorgezeichnet. Beide betrachtete er als antikapitalistische, gewaltbereite Methoden der Ausbeutung der Arbeiterschaft. Der Arbeiter täte besser, so Nasts Rat in "The Workingman's Mite" [126k], wenn er sein hart verdientes Geld nicht in Gewerkschaftsbeiträge stecken, sondern es sparen und investieren würde. Hier schwingt etwas von der "rags to riches"-Gläubigkeit jener Jahre mit. Drastisch wird seine Warnung in "The Emancipator of Labor and the Honest Working-People" [86k], in der ein Kommunist in Gestalt eines Skelettes den Arbeiter und seine verängstigte Familie zum "Committee for Safety" einlädt, das, seinem Namen zum Trotz, ein Hort der Gewalt zu sein scheint. In Nasts Werk finden sich zahlreiche Karikaturen, in denen er die Gefahren für den einfachen Arbeiter darstellte. Häufig warnte er davor, daß Demagogen der gegnerischen Partei den Arbeiter aus eigennützigen Motiven an sich binden oder Spekulanten ihn durch ihre profitgierigen Maßnahmen mißbrauchen und ausnützen könnten, aber von den bereits existierenden Problemen der Arbeiterschaft während der Industrialisierung nahm er nur selten Notiz.

1.2.3. Steuern

Wie die meisten Amerikaner hatte Nast die Einführung der Einkommenssteuer während des Bürgerkriegs als notwendige Maßnahme akzeptiert. Als aber Ende der 1870er Jahre die Greenbacker versuchten, die 1872 abgeschaffte Einkommenssteuer wiedereinzuführen, kritisierte Nast dies als unnötige Bürde für die Wirtschaft. In "Peace with a War Measure" [72k] zeigte er den fatalen Effekt, den eine zusätzliche Last für die durch restriktive Gesetze, andere Steuern und inflationäre Währung (von Nast oft ironisch als "ideal money" bezeichnet, siehe auch Abb. 10) ohnehin schon gebundene amerikanische Wirtschaft, die "Sklavin der Freiheit", haben würde. Unverständlich war für ihn dagegen, wie die Regierung eine Einkommenssteuer in Friedenszeiten erwägen, gleichzeitig aber die Alkoholsteuer abschaffen konnte, wie er dies in "Will He Dare Do It?" (6) demonstriert.

1.2.4. Korruption

Doch nicht nur inflationäre Geldpolitik, Kommunismus und zu hohe Steuern gefährdeten den Wohlstand des Landes. Selbst eine blühende Wirtschaft konnte durch die habgierigen Politiker des "spoils system" schnell zu Fall gebracht werden, wie Nast es in "Our Stumbling-Block" [94k] vor Augen führt. Korruption war ein weit verbreitetes Problem des Gilded Age, mit dem sich Nast aber insgesamt weniger intensiv und kritisch auseinandersetzte als man hätte vermuten können. So hatte sein Kampf gegen Tammany Hall, die mächtige Parteizentrale der New Yorker Demokraten, die die Schatzkasse der Stadt jahrelang systematisch geplündert hatte, zu deren Fall und zu Nasts Ruf als unermüdlicher Streiter für die Gerechtigkeit geführt. Aus der Fülle der anti-Tammany Karikaturen sei an dieser Stelle nur eine herausgegriffen, die bis heute als Sinnbild des korrupten, überheblichen Politikers überlebt hat. "The 'Brains'" [92k] stellte den Tammany Boss William Tweed im wahrsten Sinne des Wortes als fetten Geldsack dar. Auch ohne seine Gesichtszüge zu sehen, konnte darin jeder sofort Tweed erkennen. Später löste sich die in ihrer Schlichtheit für Nast ungewöhnliche, dafür aber umso ausdrucksstärkere Karikatur von ihrem Bezug zu Boss Tweed. Zwei moderne Abwandlungen zeigen, daß die beeindruckende Karikatur des korrupten Politikers, der sich für unantastbar hält, nichts von ihrer Aktualität verloren hat.

Hätte Nast die Korruption des Gilded Age systematisch entlarven wollen, so hätten ihm auch die Jahre nach Enthüllung des Tammany Hall-Skandals genügend Stoff geboten, doch hielt er sich später zur Enttäuschung vieler in diesem Feld zurück. Dies ist wohl auch durch seine enge Verbundenheit mit der RP zu erklären, die ihn auf diesem Auge blind machte oder zumindest schweigen ließ. So zeichnete er zwar einige Karikaturen gegen den sog. Whiskey Ring, in den hochrangige republikanische Politiker verwickelt waren, doch nie in der Anzahl und Schärfe wie gegen Tammany Hall. Dagegen stieg seine Kritikbereitschaft wenn Korruptionsskandale mit der DP in Verbindung standen und ihm so die Möglichkeit gaben, die Opposition aufs Korn zu nehmen. Nasts Haltung zur Korruption wurde also von politischen Motiven bestimmt. So schreibt auch Keller: "When business enterprise commingled with Democratic politics, as it did in the case of the Erie Railroad, Nast was ready enough to play the critic." Die Karikatur, auf die der Autor hier anspielt, ist "Justice on the Rail" [81k], in der Nast mit Genugtuung die Zerschlagung eines korrupten Eisenbahnrings darstellte.

1.3. Finanzpolitische Ideologien des Gilded Age

Nachdem nun bereits einige Grundeinstellungen des Karikaturisten zu wirtschaftspolitischen Themen erläutert worden sind, soll nun zum Hauptthema dieser Arbeit, der Währungsfrage, übergeleitet werden. Die eingangs angesprochenen Ideologien, die sich in der Einstellung zur Währungsfrage deutlicher als anderswo zeigten, sollen hier kurz erörtert werden, denn Nast zeigt sich dabei als klarer Verfechter einer Linie, die jede Alternative zum Goldstandard kategorisch ablehnte. Jemand wie Nast, für den die Sache der Union der Eckpfeiler all seiner Überzeugungen war, identifizierte sich unverrückbar mit dem Goldstandard, dessen Aufrechterhaltung für ihn eine Frage der Ehre und des Wohles der Nation war.

"More than economic theory-and economic self-interests-shaped the debate that raged over these questions. Those who favored the resumption of specie payments on government notes and the redemption of government bonds in gold at full value identified their position with the honor of the nation; ultimately, with the cause of the Union."

Walter Nugent beschreibt die Beweggründe dieser Gruppe, mit der sich auch Nast identifizierte, und die aus heutiger Sicht oft mißverstanden wird. Rückblickend ist es leicht, die gold monometallists als Ultrakonservative zu betrachten, deren Beharren auf dem Goldstandard in erster Linie den Kapitalisten zugute kam und die sich allen ökonomischen Reformgedanken verschlossen.

"By their own lights, however, they were neither conservative nor anti-social, nor consciously dedicated to preserving an invidious status system. They believed deeply in reform and enlightenment, progress and law, civilization and reason. As moderns, utilitarians, liberals, they would be shocked to know how shocking much of what they did would be to a later age."

Bevor sich gegen Ende der siebziger Jahre die Idee eines bimetallischen Standards (Gold und Silber) durchsetzte, waren sie die Meinungsführer ihrer Zeit. Auch die führenden Presseorgane New Yorks und Neu Englands, darunter selbstverständlich auch Harper's Weekly, vertraten fast ausnahmslos den monometallischen Standpunkt. Die monetäre Philosophie der finanzpolitisch Konservativen beruhte auf ihrer Verpflichtung zu Gold. Nur Gold, so glaubten sie, stellte wahren Wert da, und die Vorstellung, daß die Regierung einem Stück Papier ohne Golddeckung einen bestimmten Wert zuweisen konnte, hielten sie für absurd. "Gold offered market-managed stability, rather than the inflationary temptations of a government-managed currency." Als Beispiel soll hier die Karikatur "Ideal Money" [118k] angeführt werden, in der der Teufel aus einem Faß Seifenlauge (soft soap als Symbol für soft money) eine Kelle schöpft, der der Kongreß kraft seines Amtes einen Wert von $10.000 zugewiesen hat.

Hardliner lehnten auch Silberwährung ab, da sie zwar eine metallische, aber im Vergleich zu Gold eine minderwertige Basis habe. Mit seiner konservativen Haltung befand sich Nast in Gesellschaft von Unternehmern und Industrie, der Finanzwelt und einem Großteil der Eliten der amerikanischen Ostküste. Anders als viele politische Themen ließ sich die Geldfrage nicht nach Parteilinien trennen. Während viele Republikaner eine auf Gold basierende Währung befürworteten, gab es auch zahlreiche Parteimitglieder-vor allem jene aus den Staaten des Westens-, die sich für eine inflationäre Politik einsetzten.

Als Gegenpol zu der von Nast vertretenen Haltung sind jene Reformer zu sehen, die das strenge Beharren auf dem Goldstandard bzw. die schnellstmögliche Rückkehr zur Golddeckung als reaktionär und fortschrittshemmend ablehnten. Sie forderten statt dessen, die Menge der in Umlauf befindlichen greenbacks nicht zu reduzieren, sondern vielmehr zu erhöhen. Unterstützung fand die Position der Greenbackers in den Lagern der Arbeiter und vor allem der Farmer, die oft hoch verschuldet und auf leichte Kredite angewiesen waren. Auch die Greenbackers waren durchaus der Meinung, daß sie auf ihre Weise eine noble Vision einer harmonischen Gesellschaft anstrebten, in der alle am Fortschritt und Wohlstand teilhaben konnten. "Money was no end in itself. It certainly did not need to have 'intrinsic value,' nor should it be limited to coin: The function was important, not the form. Money, whatever its shape, was good because it helped people associate productively and harmoniously."

Überzeugt von der Richtigkeit der eigenen finanzpolitischen Ideologie und der Gefahr für Wirtschaft und Gesellschaft der anderen, standen sich Befürworter von hard money (auf Metall, vorzüglich Gold, basierende Währung) und soft money (auf greenbacks basierende Währung) unversöhnlich gegenüber.

"The debate over the monetary standard was about more than mere money. At issue were competing visions of economic development and political change. The choice between greenbacks and gold was a choice between a democratically controlled, national monetary standard and a market-oriented, international monetary standard. Concern with inflation and contraction went beyond prices to matters of class and sectional relations. Beliefs about the value of money and who should control it went to fundamental differences over the relationship between economic and political life. For antimonopolists, money was social and political, while for the financial conservatives, it was natural and objective."

2. Die Finanzpolitik des Gilded Age in den Karikaturen von Thomas Nast

2.1. Vorgeschichte

Der Grundstein für die Finanzfragen und -probleme, die das Gilded Age beherrschten, wurde bereits im Bürgerkrieg gelegt. Die von Finanzminister McCulloch zwischen 1865 und 1868 durchgeführte contraction-Politik, unter der die Menge der in Umlauf befindlichen greenbacks um etwa $45 Millionen reduziert wurde, lenkte den Blick schon früh auf die Frage nach Menge und Art der Währung. Dennoch setzte sich Thomas Nast in seinen Karikaturen zu jener Zeit noch nicht mit der Geldfrage auseinander. Dafür gibt es zwei naheliegende Erklärungen: Zum einen waren für Nast die Themen der Reconstruction von so überragender Bedeutung, daß alles andere dagegen zurücktreten mußte. Zum anderen sah Nast vermutlich auch noch keine akute Veranlaßung, das Thema aufzugreifen, denn in jenen Jahren wurde die Finanzpolitik noch deutlich von der von ihm befürworteten hard money-Fraktion gelenkt und die Greenbackers befanden sich noch in einer Minderheit. Wie auch bei einem Großteil der Bevölkerung trat die Geldfrage erst mit dem großen Knall der Panik von 1873 in sein Bewußtsein. Die von den im Bürgerkrieg getroffenen Maßnahmen ausgelöste Finanzdebatte erhielt durch die Panik und die darauffolgende Depression eine neue Dimension und Dringlichkeit.

2.2. Die Panik von 1873

Die Nachkriegsjahre lösten ein enormes Wirtschaftswachstum und ungezügeltes Spekulantentum aus. Die Kombination aus neuen Märkten, steigenden Preisen, hohen Schutzzöllen und scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten lockte zahlreiche Investoren an. Vor allem das Eisenbahnwesen explodierte seit Ende der 1860er Jahre geradezu. Innerhalb kürzester Zeit wurden Unmengen von Geld in einen Wirtschaftszweig gepumpt, der keine sofortigen Gewinne abwarf, doch in dem überhitzten Klima schienen die Profite dieser Industrie endlos zu sein. Auch Jay Cooke, Inhaber der größten und angesehensten Investmentbank des Landes, war im wahrsten Sinne des Wortes auf diesen Zug aufgesprungen und hatte mit großen Investitionen die Northern Pacific Eisenbahnlinie übernommen. Rückblickend scheinen die Gefahren der Überspekulation auf der Hand zu liegen, doch 1873 rechnete kaum jemand mit einem solch verheerenden Zusammenbruch, und folglich hatte auch kaum einer Vorkehrungen getroffen. Kurz vor Ausbruch versetzten allerdings Kurseinbrüche auf den Finanzmärkten in Mitteleuropa die amerikanische Finanzwelt in nervöse Anspannung. Als im September Jay Cooke & Co. überraschend schließen mußte, da es seinen Zahlungen nicht mehr nachkommen konnte, folgte auf Ungläubigkeit Panik. In der Folge gingen zahlreiche weitere Banken, Geschäfte und Eisenbahnunternehmen bankrott und eine fünf Jahre währende Wirtschaftsdepression setzte ein, während der die Löhne sanken, Massenarbeitslosigkeit herrschte, Streiks und Arbeiterproteste sich mehrten und die Agrarpreise in den Keller fielen. Die Finanzpanik und die darauffolgende Depression sind als Wendepunkt zu sehen. Sie brachten die neuen Konflikte einer industrialisierten Gesellschaft ans Licht und schürten die Debatte der Finanzpolitik und Währungsfrage an. "[The Panic of 1873] functioned less as an economic disaster than as an event which provoked divisions among the country's ideological, social, and political groups."

Thomas Nast stellte in "The Long and Short of It" [103k] den finanziellen Zusammenbruch selbst sehr dramatisch als gewaltige Explosion dar, die alles mit sich reißt und durch das Ineinanderrasen mehrer Züge ausgelöst wird. Hiermit spielte der Karikaturist auf den Auslöser der Krise, die Überspekulation im Eisenbahnwesen, an. Das einzige, was dem verheerenden Chaos standhalten kann, ist die New Yorker Trinity Church-damit läßt sich die Szene der Explosion wohl auch als die in nächster Nähe der Kirche befindliche Wall Street deuten-, die mit dem moralisierenden Spruch "I told you so" quasi den warnenden Fingerzeig darstellt.

Wer den Weg aus der Krise weisen konnte, war für Nast eindeutig. In "Out of the Ruins" [78k] zeigte er den von ihm so bewunderten Präsidenten Grant als Retter der Nation. Der starke Held hilft der hoffnungsvoll zu ihm aufblickenden Columbia-die antike Frauengestalt galt bei Nast als Sinnbild der Nation-aus den Trümmern der New Yorker Börse. Diese allgemein gehaltene Darstellung (als Karikatur im engeren Sinne kann sie kaum bezeichnet werden) gründet auf Nasts grundsätzlichem Glauben an Grant als Helfer in der Not und seine besonnen-konservative Haltung während der Finanzpanik, nicht auf konkrete Hilfsmaßnahmen der Regierung zur Behebung der Krise. Sowohl Nast als auch Grant lehnten inflationäre Maßnahmen grundsätzlich ab und nahmen von dieser Haltung auch in Krisenzeiten keinen Abstand.

2.3. Inflation Bill

Nasts eigene Überzeugung und seine gute Einschätzung der Haltung des Präsidenten werden bereits in seiner erster Karikatur zur Finanzkrise von 1873 besonders deutlich. In "Keeping the Money Where It Will Do Most Good" [125k] nahm Nast die Gelegenheit wahr, Grant als umsichtigen Politiker zu feiern, der sich durch die allgemeine Panik nicht aus der Ruhe bringen und zu unklugen politischen Entscheidungen drängen ließ. Die Karikatur zeigt den Präsidenten als Wachhund vor der Schatzkammer, der mit grimmigem Blick eine Abordnung von Börsenspekulanten betrachtet, die ihn ersuchen, die angespannte Situation durch die Freigabe der Reserve von $44 Millionen zu erleichtern. Daß er dies keinesfalls zulassen wird, macht zum einen das Plakat mit dem Zitat Grants deutlich, in dem er seine Bindung an das Gesetz betont; zum anderen warnt auch Uncle Sam die Spekulanten, daß Grant ein "seiz-er" sei, also ein Besetzer, der den Eingang zum Schatzamt nicht freigeben werde, schon gar nicht für die verantwortungslosen Spekulanten von der Wall Street. Eine entsprechende Inschrift zeigt, daß die Börse in Nasts Augen nichts weiter ist als ein "gambling house."

Mit dieser Karikatur spielte Nast schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt auf Versuche an, die Notreserve der Regierung in Umlauf zu bringen. 1854 war festgelegt worden, daß die Menge der United States notes nie die Summe von $400 Millionen überschreiten solle. Nachdem zwischen 1866 und 1868 die in Umlauf befindlichen Banknoten auf $356 reduziert wurden, betrachtete man den Überschuß von $44 als Reserve im Falle eines Notstandes. Mit der Panik von 1873 wurden schnell Rufe laut, daß dieser Notfall nun eingetreten sei. Mit großer Weitsicht scheint Nasts Karikatur die Ereignisse des Frühjahrs 1874 vorwegzunehmen, als nämlich der Kongreß einen Gesetzesentwurf verabschiedete, die in Umlauf befindliche Menge der greenbacks nicht nur als Notmaßnahme, sondern dauerhaft auf $400 Millionen zu erhöhen. "The significance of this proposition is clear: it not only was an indemnity act for an emergency issue, but it practically authorized an increase of currency in times of peace, thus constituting a precedent for any future Congress to enlarge the volume at will." Wie von Nast bereits im Oktober vorausgesagt, legte Präsident Grant am 22. April 1874 sein Veto gegen die sog. Inflation Bill ein, da sie den wahren Prinzipien des Finanzwesens, dem nationalen Interesse, den Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern, den Wahlversprechen beider Parteien und seinen eigenen Überzeugungen widerspreche. In seiner bemerkenswerten Erklärung wies sich Grant als klarer Vertreter der hard money-Richtung aus und sprach damit wohl auch Nast aus dem Herzen:

"I am not a believer in any artificial method of making paper money equal to coin, when the coin is not owned or held ready to redeem the promises to pay, for paper money is nothing more than promises to pay, and is valuable exactly in proportion to the amount of coin that it can be converted into."

Anders als für Nast kam Grants Veto für viele, auch innerhalb der RP, völlig unerwartet. Bereits die Abstimmung im Kongreß war eher entlang regionaler als parteipolitischer Linien verlaufen (der Osten tendierte gegen, der Westen für die Inflation Bill), und nach Grants Veto schwächten sich parteipolitsche Bindungen in der Finanzfrage noch weiter ab. Mit besonderer Genugtuung kommentierte Nast Grants Veto und das Scheitern der Inflation Bill. So hatte er bereits in den Monaten zuvor die Debatten im Kongreß um eine Erhöhung der in Umlauf befindlichen greenbacks verfolgt und als blanken Unsinn kritisiert. Die Karikatur "Fine-Ass Committee" [56k] zeigt die Greenbacker als Esel, die mit ihrer "soft soap"-Politik lediglich schillernde, aber leere Seifenblasen der Inflation in die Luft blasen. Wenn diese platzen, bleibt nichts übrig, sie lösen aber eine Finanzpanik wie die von 1873 aus. Nast zeigte hier deutlich, daß in seinen Augen die Befürworter inflationärer Politik auch die Verantwortung für die Panik von 1873 trugen.

Als Grant dann, ganz im Sinne Nasts, die Inflation Bill durch sein Veto ablehnte, feierte der Karikaturist ihn in "A General Blow Up" [138k] als siegreichen Löwen, der über die gestürzten Esel des Fine Ass-Committee triumphiert. Unter den zum Teil regelrecht inflationär aufgeblähten Eseln des Kongresses befinden sich einige der wichtigsten (republikanischen) Vertreter der Inflationspolitik, wie Kelley, Butler, Ferry und Thurman. Hier wird bereits deutlich, daß das Veto einen Bruch in der zuvor noch mühsam aufrechterhaltenen Einheit der RP darstellte und in der Folge fast zur Spaltung der Partei führte. In einer weiteren Zeichnung, "Public Opinion - April 22, 1874" [26k], stellte Nast die Reaktion von Volk und Presse auf das Veto dar. Der wegen seiner weisen Entscheidung umjubelte Grant verbeugt sich demütig vor der Menge, die Vertreter der wichtigsten Bevölkerungsgruppen-zu identifizieren sind Arbeiter, Schwarzer und Kapitalist-und der großen Presseorgane des Landes enthält. Grants Ablehnung des Inflationskurses hatte bestimmt seine Befürworter, doch das Ausmaß der hier geradezu einstimmmig erscheinenden Zustimmung wurde in dieser Darstellung von Nast stark überschätzt oder übertrieben.

2.4. Dissidenten in der RP: Benjamin Butler

Von den Demokraten oder Greenbackern hatte Nast ohnehin keine hohe Meinung, aber die Tatsache, daß es bei Fragen der Finanzpolitik auch in der RP keine einheitliche Linie gab, war für Nast besorgniserregend. Seiner Meinung nach war es geradezu schändlich, die vom Präsidenten vorgegebene Linie als Mitglied derselben Partei nicht mitzutragen. Als Nasts "Feindbild" kristallisierte sich in den Krisenmonaten nach Ausbruch der Finanzkrise von 1873 der republikanische Kongreßabgeordnete Benjamin Butler aus Massachusetts, einer der führenden republikanischen Greenbacker des Landes, heraus. Gerade im finanzpolitisch fast geschlossen konservativen Nordosten des Landes war offen propagierter Dissens, wie ihn Butler vertrat, eher ein Ausnahmefall, der Aufmerksamkeit und Unwillen auf sich zog.

"Massachusetts was situated at the political and economic core of the country. The state was thoroughly Republican, economically wealthy, and financially well-endowed. In the financial debate, Massachusetts' political leaders could be counted on to articulate a financially orthodox position. They promoted the gold standard and defended the NBS [National Banking System]. Yet even in this New England citadel of financial conservatism there was support for greenbackism."

Unter der Führung des gleichermaßen populären wie umstrittenen Butler, den Ritter als "an ongoing source of controversy in the Republican party nationally and within the state" bezeichnet, erreichte die Bewegung für Währungsreform einige Prominenz.

Da es für einen Karikaturisten stets leichter ist, so abstrakte, schwer greifbare Maßnahmen wie die inflationäre Finanzpolitik an bestimmten Personen festzumachen, wandte sich Nast über die Jahre in zahlreichen Karikaturen Butler zu, den er als Hauptverantwortlichen inflationärer Tendenzen identifizierte. In der Tat war Butler 1873/74 neben den republikanischen Senatoren Morton (Indiana) und Logan (Illinois) die treibende Kraft hinter der Inflation Bill. Auf dem Höhepunkt der Debatten und Abstimmungen im Kongreß ließ Nast in "The Cradle of Liberty in Danger" [83k] Butler als gefährlichen, geifernden Flaschengeist erscheinen, der Boston, die Wiege der amerikanischen Freiheit, bedroht. Als Grant wenig später sein Veto gegen den von Butler befürworteten Gesetzesentwurf zur Erhöhung des Geldvolumens einlegte, schuf Nast mit "The Cradle of Liberty Out of Danger" [67k] eine Fortsetzungskarikatur. Darin ist es Grant mit Hilfe seines Vetos gelungen, den bösen Geist Butler wieder in seine Flasche zu bannen. Massachusetts konnte über die Rettung seiner Freiheit jubeln. Indem Nast Massachusetts als ein im Stil der Kolonialzeit gekleidetes Kind darstellte und an seine Bedeutung als "Wiege der Freiheit" erinnerte, verwies er symbolisch auf den Unabhängigkeitskrieg der englischen Kolonien. Butler, so wurde damit signalisiert, gefährde durch seine unverantwortliche Finanzpolitik die Grundfesten des Staates.

2.5. Vom Geldsack zum Lumpenbaby

Mit Halbglatze, Fischaugen und Walfischbart war Benjamin Butler zweifellos der Traum eines jeden Karikaturisten. Doch Nast gelang es auch ohne solch prominente Vertreter, die komplexen Sachverhalte der Finanzpolitik anschaulich darzustellen. Eine seiner beliebtesten Techniken-und zugleich eine, der sich nur ein so bekannter und viel beachteter Karikaturist bedienen konnte-war die Erfindung und Weiterführung von Symbolen. Ein so abstrakter Themenkomplex wie die Finanzpolitik verlangte geradezu nach einer bildhaften Umsetzung in Symbole mit hohem Wiedererkennungswert, die, im Gegensatz zu Symbolen mit größerem Interpretationsspielraum (wie z.B. der Elefant für die RP oder der Tiger bzw. Esel für die DP), auch eindeutige Charakteristika mit sich trugen.

Zum ersten Mal stellte Nast Ende 1873 das Thema der Inflationspolitik symbolhaft dar. Um die Sinnlosigkeit inflationärer Maßnahmen plastisch vor Augen zu führen, entwickelte er eine Abfolgekarikatur in drei Bildern. In "By Inflation You Will Burst" [84k] amüsiert sich Uncle Sam über die Dummheit eines Geldsacks, der versucht, sich selbst weiter aufzublasen. In den kleineren Folgebildern warnt Nast vor den gefährlichen Folgen künstlicher Wiederbelebungsversuche des Geldmarktes. Wenn Geld ohne Golddeckung auf den ohnehin schon instabilen Finanzmarkt gepumpt werde, führe dies zum Kollaps, wie ja bereits im Herbst 1873. Mit der hier vertretenen These für die Ursache des Zusammenbruchs des Finanzmarktes stand Nast ganz im Einklang mit den Konservativen. "Financial conservatives argued that excessive currency and speculation caused the panic of 1873." Der Geldsack, in Paines Biografie über Nast auch "Inflation Baby" genannt, fand in Nasts Karikaturen keine Fortsetzung, doch laut Paine griffen später zahlreiche Karikaturisten auf das Symbol des sich selbst aufblasenden Geldsacks zurück.

Fest steht, daß im Jahr 1875 ein neues Symbol an die Schlaffheit und Unförmigkeit des Geldsacks anknüpfte. Das Greenback Rag Baby, eine Lumpenpuppe mit aufgeblasenem Kopf, ohne Rückgrat und mit schlaffen, oft verdrehten Gliedmaßen war ein gelungenes Symbol für die soft money-Politik, die in Nasts Augen unreif war und im Gegensatz zum Goldstandard einer festen Grundlage entbehrte. Das Rag Baby erwies sich als eines der dauerhaftesten Symbole in den Karikaturen Nasts und entwickelte sich zu einer Figur von hohem Wiedererkennungswert. Nicht nachzuweisen war bei den Recherchen für diese Arbeit, ob Nast von dem damals als Schmähwort für greenbacks verwendeten Begriff "rag baby" zu einer bildhaften Umsetzung inspiriert wurde, oder ob er von sich aus die Karikatur des Lumpenbabys schuf und sich auf Grund der hohen Bekanntheit seines Symbols der Name in der Folge von der Zeichung löste und eigenständig in den Sprachgebrauch überging. Sicher ist lediglich, daß der Begriff auch unabhängig von Nasts Karikaturen gebräuchlich war.

Die Karikatur "That Irredeemable Rag Baby" [78k] -mit dem Titel spielt Nast auf die Tatsache an, daß greenbacks nicht in Gold eintauschbar waren-zeigt den demokratischen Senator Thurman aus Ohio als ratlosen Junggesellen, der auf seiner Türschwelle das nach "mehr" verlangende Rag Baby findet, das die inflationären Elemente der DP Ohios dort ausgesetzt haben. Mit seiner großen Farm-bevölkerung war die Mitte und der Westen des Landes unter der Führung Ohios in der Tat Zentrum der Greenbackbewegung. Daß ein Befürworter von hard money-Politik wie Thurman in derselben Partei war wie die führenden Inflationisten des Landes, war für Nast Anlaß zum Kopfschütteln.

Eine Fortsetzung zeichnete er etwa einen Monat später. In "Holy Murder" [67k] versucht nun der tatkräftige New Yorker Gouverneur Samuel Tilden das ungeliebte Rag Baby zu erwürgen, nachdem auch Thurman sich nicht hatte erweichen lassen, sich der von der DP Ohios so befürworteten Inflationspolitik anzunehmen. Auch der Demokrat Tilden war ein Gegner inflationärer Maßnahmen-das in seiner Tasche steckende Parteiprogramm der New Yorker Demokraten verweist auf deren Verpflichtung zu "hard money"-, doch die im Hintergrund nach Hilfe rufende Frau signalisiert andererseits, daß die nationale DP in Nasts Augen ein so hartes Vorgehen gegen die Greenback-Politik, wie Tilden es demonstriert, nicht tolerieren würde.

Für Nast, der oft in krassen Gegensätzen von schwarz-weiß oder demokratisch-republikanisch dachte, war es schwer nachzuvollziehen, daß die sonst so klar gesteckten Parteilinien bei der Finanzpolitik oft ihre Gültigkeit verloren. Die Zugehörigkeit zu einer wirtschaftlichen, sozialen oder geographischen Gruppe wog hier meist schwerer als traditionelle Parteizugehörigkeit. In diesem Sinne ist die Darstellung der Greenback-Politik als ausgesetztes Findelkind allerdings eine äußerst gelungene. So gab es in beiden Parteien Elemente, die die Greenback-Position befürworteten, wobei die soft money-Tendenz in der DP grundsätzlich wohl etwas verbreiteter war als in der RP. Keine der beiden großen Parteien wollte sich jedoch offiziell einer klaren finanzpolitischen Linie, geschweige denn einem so umstrittenen Reformgedanken wie der Inflationspolitik, verpflichten.

"The major parties, for practical purposes, did not have 'positions' on the money question, except in the sense that specific leaders used partisan ties to further specific policies at specific moments in specific circumstances. The Democratic party included greenbackers, midwestern moderates, and contractionists such as Hugh McCulloch; The Republican party ranged from Yankee monometallists to Careyites such as William D. Kelley. For that reason it is virtually impossible to talk of party positions outside of a narrative of events."

Das Lumpenbaby, das außer der Greenback Party keine Parteiorganisation so recht adoptieren wollte, war einfach nicht tot zu bekommen. Kurz nach Tildens Versuch, die Rufe des Rag Babys nach mehr greenbacks zum Schweigen zu bringen, tauchte eine Karikatur auf, in der das frech grinsende Rag Baby in einem Mülleimer liegt und Nast die entnervte Frage stellte, "Is It Dead Yet?". Natürlich war die Greenback-Idee alles andere als gestorben, wie der Präsidentschaftswahlkampf von 1876 wieder deutlich vor Augen führte.

In "The Haunted House" [83k] macht das Rag Baby dem Kongreß seine Aufwartung und sucht die Abgeordneten heim, die sich inzwischen scheinbar so fest dem Goldstandard verschrieben haben. 1875 wurde der Specie Resumption Act verabschiedet, mit dem ab 1879 durch die Eintauschbarkeit der Greenbacks in Münzen die Rückkehr zur metallischen Basis der Währung wiederhergestellt werden sollte. Die Gesetzesschrift in Uncle Sams Hut erinnert an diese Verpflichtung, die ein wichtiger Sieg der hard money-Befürworter war. Nasts Empfehlung an Uncle Sam war also, die Abgeordneten so lange mit dem Schreckgespenst des Rag Babys an ihre hard money-Linie zu erinnern, bis jegliche greenback-Tendenzen verschwunden seien.

2.6. Doppelköpfiger Tiger

Im Wahlkampf von 1876 wurde das Rag Baby zunächst allerdings von einem anderen Symbol abgelöst. Die DP hatte sich bei der Aufstellung der Kandidaten um größtmöglichen Anklang bei der breiten Basis bemüht und deshalb die führenden Vertreter aus Ost und West bzw. Mittlerer Westen als Kandidaten aufgestellt: den New Yorker Gouverneur Samuel Tilden als Präsidentschafts-kandidaten und Gouverneur Thomas Hendricks aus Indiana als Vizekandidaten. Die unentschiedene Haltung der DP in der Finanzpolitik spiegelte sich in der Auswahl dieser zwei Kandidaten wider, plädierte doch Tilden, wie oben gesehen, für harte Währung, während Hendricks sich für eine inflationäre Politik und mehr Papiergeld einsetzte. Daß ausgerechnet diese beiden Politiker in einem Wahlkampf, in dem Finanzfragen eine wichtige Rolle spielten, zusammen die DP vertreten sollten, fand Nast absurd, und er schuf dafür ein ebenso absurdes Symbol: den doppelköpfigen Tiger, der kein Hinterteil, dafür aber zwei Vorderteile mit den Köpfen Tildens und Hendricks' besaß und in zwei verschiedene Richtungen zerrt. "The Elastic Democratic (Deformed) Tiger" [Abb. 23, 95k] zeigt den zum Zerreißen gespannten Tiger, dessen zwei Enden mit höchster Anstrengung in die zwei verschiedenen, als "hard money" und "soft money" ausgeschilderten Richtungen ziehen. Eine zusätzliche Pointe erhielt die Karikatur durch den Sprachwitz: So war durch das Vertauschen eines einzelnen Buchstabens aus einem reformierten ein deformierter Tiger geworden-Nasts Kommentar zum stolz angepriesenen, seiner Meinung nach unglaubwürdigen, Reformprogramm der DP.

In "By Repealing They Resume - By Resuming They Repeal" [Abb. 24, 95k] ist es der Partei mit dem Band der Bürokratie gelungen, die zwei konträren Positionen aneinanderzubinden, mit dem Erfolg, so Nast, daß man sie nun kaum noch auseinanderhalten kann. Die Stabilität dieser Verbindung ist allerdings fraglich; so scheint auch der demokratische Politiker John Morrissey auf das Auseinanderbrechen dieser Paarung zu wetten. (Tatsächlich spielte Nast darauf an, daß Morrissey während des Parteitages der DP $10.000 darauf gewettet hatte, daß Tilden die Wahl in New York für sich entscheiden würde.) Nast zeichnete eine ganze Serie von Karikaturen über den doppelköpfigen Tiger, wobei sich die "siamesischen Zwillinge" voneinander entfernten, annäherten, ihre Größenverhältnisse veränderten und schließlich vom republikanischen Elefanten zertrampelt wurden. Diese letzte Karikatur mit dem Titel "The Elephant Walks Around" [47k] zeigt den gewaltigen Elefanten als Symbol für die starke RP, wie er den manövrierunfähigen demokratischen Tiger unter dem Jubel der Menschen zertritt, während Kelly nach verlorener Wette mit leeren Taschen dasteht.

Meist widmete sich Nast in Präsidentschaftswahlkämpfen vornehmlich dem Kandidaten der Oppositionspartei, doch Tilden war hinsichtlich seiner Finanzpolitik schwer angreifbar, denn er vertrat mit der harten Währungspolitik im Grunde jene Linie, die auch Nast und der republikanische Kandidat Hayes unterstützten. Aber Vizekandidat Hendricks gefährdete diesen Kurs durch sein entschiedenes Eintreten für inflationäre Maßnahmen. In "Hen(dricks)-pecked" [70] -der Titel ein Wortspiel aus dem Namen des Vizekandidaten und dem Begriff "henpecked", unter dem Pantoffel stehen-übertrug Nast die Forderung des Südens nach "home rule" in eine Situation im Heim des Kandidatenpaares. Hendricks, als resolute "Mutter Tilden", befiehlt dem Pantoffelhelden "Vater Tilden", sich um das Lumpenbaby der Inflation zu kümmern, damit sie sich den aktiveren Aufgaben im Wahlkampf, wie dem Schüren des Feuers der Reform, zuwenden kann.

2.7. Silber

Die Forderung nach einer bimetallischen Währung, neben dem Gold- also auch die Gültigkeit des Silberstandards, fügte der hitzigen Debatte um die Währung eine neue Dimension hinzu. Offiziell befand sich Amerika seit 1792 auf einem bimetallischen Standard, Gold- und Silberdollars waren mit einem festgesetzten Verhältnis von 1:16 also eigentlich gleichberechtigte Zahlungsmittel. Da aber die amerikanischen Minen seit Anfang der 1860er Jahre sehr viel mehr Gold als Silber abwarfen (zum Vergleich waren es 1861 etwa $43 Millionen in Gold, aber nur $2 Millionen in Silber), war Silber im traditionellen Verhältnis von 16:1 unterbewertet, was zur Folge hatte, daß es profitabler war, das Rohmetall nicht mehr an die Münzprägeanstalten sondern auf dem freien Markt zu verkaufen. Silber verschwand deshalb schnell als Zahlungsmittel, so daß sich die Amerikaner tatsächlich auf dem Goldstandard wähnten. Als mit dem Coinage Act vom 12. Februar 1873 der Silberstandard offiziell abgeschafft wurde, geschah dies ohne längere Debatte im Kongreß, und die Öffentlichkeit nahm praktisch keine Notiz von dieser einschneidenden Veränderung der Währung. Bereits 1874 fiel der Wert von Silber unter das 16:1 Verhältnis als neue Minen im Westen erschlossen wurden. Schlagartig rückte die bislang kaum beachtete Abschaffung des Silberstandards ins öffentliche Interesse, und innerhalb kurzer Zeit wurde der Coinage Act als große Verschwörung der "bloated bondholders" verdammt. Silberinvestoren fühlten sich durch den als "Crime of '73" bezeichneten Coinage Act betrogen und forderten die Wiedereinführung des Silberstandards. Somit vollzog sich ab 1873 eine grundlegende ideologische Änderung in der Finanzpolitik: Die neue Bewegung zugunsten von Silber gewann rasch an Popularität, und neben gold monometallism und greenbackism etablierte sich bimetallism als der neue Kompromißkurs.

"The ideology of gold monometallism did not change in theory very much from the pre-1873 to the post-1873 period, but it did undergo significant shifts in emphasis, acceptance, and relation to other ideologies. Under the impact of the economic crisis, its adherents grew fewer. Those who continued to maintain it tended either to regard bimetallism (but not paper money) more benignly or else to cling to their monometallism more rigidly and exclusively than ever."

Nast gehörte zweifellos letzterer Gruppe an, und sein striktes Beharren auf dem Goldstandard blieb auch im gewandelten Klima unverrückbar. "Silver seemed less 'civilized,' subject to fluctuation, impossible to keep in circulation, less noble, and less intrinsically valuable than gold."

Im Februar 1878 gelang den Silberkräften ein Teilsieg mit der Durchsetzung des Bland-Allison Acts, der die Silberprägung unter strengen Auflagen wiedereinführte. Demnach mußte das Schatzamt jeden Monat Silber im Wert zwischen $2 Millionen und $4 Millionen ankaufen und zu 412½-Gramm Münzen prägen. In Nasts Augen war auch dieser relativ moderate Beschluß, mit dem auf die hohen Erträge der amerikanischen Silberminen und auf die immer lauter werdenden Forderungen der silverites reagiert wurde, lediglich eine weitere inflationäre Maßnahme, die die Sicherheit und Stabilität, die nur der Goldstandard garantierte, bedrohte. In "Dance to Your Daddy" [32k] holte er das Rag Baby aus der Mottenkiste und zeigte es mit verblüfftem, wenig zufriedenem Gesichtsausdruck, nachdem es den 412½-Gramm Silberdollar geschluckt hat. Es sei wiedererstarkt, so kündigt er an, tatsächlich aber hatten die Greenbackers, die Nast ja ursprünglich mit dem Rag Baby dargestellt hatte, durch das Aufkommen von bimetallism vielmehr einen starken Dämpfer erhalten und waren in den Hintergrund gedrängt worden.

Beinahe zeitgleich mit der Bland-Allison Bill beriet der Senat eine radikalere, von den free silverites befürwortete Resolution, die von Stanley Matthews, republikanischer Senator aus Ohio, eingebracht worden war. Sie wurde im Januar 1878 trotz der einstimmigen Ablehnung der Senatoren aus New York und den Neu England-Staaten verabschiedet. Die Matthews-Resolution forderte, daß die Regierung die Kriegsanleihen in Silber auszahlen können sollte, da Silber zum Zeitpunkt der Ausgabe der Anleihen gültiges Zahlungsmittel gewesen sei und da der Public Credit Act von 1869 und der Funding Act von 1870 lediglich festgelegt hätten, daß die Kriegsschulden in Münze zu begleichen seien. Die lange Präambel zur Resolution betonte zwar, daß die Zahlung von Regierungsschulden in Silber keine Verletzung des Vertrauens der Öffentlichkeit darstelle, aber genau von einem solchen Vertrauensbruch war ein unbedingter Anhänger des Goldstandards wie Nast überzeugt. Er betrachtete die Verabschiedung der Resolution als Katastrophe, als neue Form der Währungsinflation durch Silber und als ersten Schritt auf dem Weg zur Bankrotterklärung des Staates.

"Gold advocates consistently criticized silver as an unstable, artificially created standard which would economically isolate the United States. (...) [They] were united in regarding silber as a threat to values and likely to precipitate a crisis." So beschreibt Ritter die sowohl wirtschaftliche als auch moralische Überzeugung der gold monometallists, die auch Nast vertrat und die sein Entsetzen über die Resolution verständlich macht. Ritter fährt fort:

"Gold was moral money that went along with thrift, savings, and economic progress through honest labor. Unlike an inflated currency, gold did not lend itself to speculation, unearned increments, and lazy debt accumulation. It was a standard beyond the reach of demagogues, self-interested mine-owners, or politically motivated representatives. Silver was the money of radicals and atheists who sought an easy way out. Silver would group the United States with impoverished, pagan nations such as China. Good morals required good money, and the only true money was gold."

Nast verlieh seiner Kritik in einer sehr gelungenen Karikatur mit dem Titel "The First Step to National Bankruptcy" [70k] Ausdruck, in der er das breite Gesicht von Senator Matthews in ein Fangeisen verwandelte, das über dem Bein von Uncle Sam zugeschnappt ist. Wie so oft versuchte Nast auch die Fakten für sich sprechen zu lassen, und so zeigen zwei Tafeln im Hintergrund nicht nur eine genaue Aufstellung des Abstimmungsergebnisses, sondern auch einen Auszug aus der Resolution und aus zwei Reden von Gegnern der Resolution, die in Nasts Augen die Gegenargumente repräsentierten. Auch in weiteren Karikaturen griff Nast auf das Matthews-Fangeisen zurück und stellte Uncle Sam wiederholt mit der Falle an seinem Fuß dar, in die er durch die Zustimmung zur Matthews-Resolution getappt war und die ihn nun weiterhin behinderte. Ein Beispiel dafür ist "What Is Sauce for the Goose Is Sauce for the Gander" 39k], in der Uncle Sams Silberfalle an die Resolution des Senats zur Zahlung von Kriegsanleihen in Silber erinnert, und diese indirekt als eine Ursache des eigentlichen Themas der Karikatur, der Inflation, bezeichnet. So demonstriert die Zeichnung die Auswirkungen inflationärer Politik auf den Arbeiter, der nur fordert, was ihm zusteht, nämlich 100 Cents für jeden Dollar, für den er hart gearbeitet hat.

2.8. Die Greenback Partei

Spätestens mit den Karikaturen des Präsidentschaftswahlkampfes von 1880 zeigte sich, daß die Silberdebatte die Greenbackers keinesfalls verdrängt hatte. Zwar war die 1874 gegründete Greenback Partei bereits 1876 zur Wahl angetreten, hatte aber weder nennenswerte Stimmengewinne verzeichnen können, noch war sie von Nast zur Kenntnis genommen worden. Danach aber wuchs die Stärke der Partei nicht zuletzt wegen des Zusammenschlusses mit der National Labor Reform Partei im Jahr 1878 deutlich an, und in den Kongreßwahlen des selben Jahres erzielte die Greenback Partei mehr als eine Million Stimmen. 1880 bewarb sich General James B. Weaver aus Iowa für das Amt des Präsidenten, und wenn er auch hinsichtlich eines Wahlsieges chancenlos war, so konnte er immerhin 300.000 Stimmen für sich und seine Partei verzeichnen. Vier Jahre später bewarb sich mit Benjamin Butler zum letzten Mal ein Greenback-Kandidat um das Amt des Präsidenten. Ein deutlicher Wirtschaftsaufschwung und innerparteiliche Spaltungen bedeuteten danach das schnelle Ende der Greenback Partei.

Noch vor dessen Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Greenback Partei stellte Nast in "Greenback the Weaver" [80k] den Abgeordneten Weaver in einer gutmütigen Karikatur als Esel aus Shakespeares Sommernachtstraum (bzw. hier Winternachtstraum) dar, dessen Reden keiner hören möchte. Hintergrund dieser Karikatur war die Tatsache, daß Weaver einige Inflations-Resolutionen im Abgeordnetenhaus vorbringen wollte und mehrmals ums Wort bat, von Speaker Randall aber ebenso hartnäckig ignoriert wurde. In solchen Karikaturen brachte Nast zum Ausdruck, daß er die Vertreter der Greenback-Idee nicht immer nur als Bedrohung des Finanzsystems verstand, sondern als lästige, nicht ganz ernstzunehmende Wichtigtuer.

Dies wird auch in seiner Behandlung von Benjamin Butler deutlich, auf den Nast fortan seine Aufmerksamkeit richtete. Aus dem gewaltigen Flaschengeist war die etwas bucklige, dickliche "Witwe Butler" geworden. Bereits 1878 hatte Nast den nunmehr parteilosen Butler in der Karikatur "In the Matrimonial Market Again" [65k] als Witwe dargestellt, die sich des Rag Babys angenommen hat und auf dem Heiratsmarkt der Parteien um eine gute Verbindung wirbt. Im Wahlkampf von 1880 umgarnte Butler in "The Widow's Wants" [Abb. 32, 24k] nun den demokratischen, hard money-Kandidaten Hancock. Das etwa einen Monat später veröffentlichte "A Financial Mistake" [Abb. 33, 24k] machte deutlich, daß Butlers Avancen wohl Erfolg gehabt hatten und daß Nast Hancocks Annäherung an die von Butler und Weaver vertretene soft money-Politik für einen schweren Fehler hielt. Die Karikatur zeigt Hancock, der sich nachdenklich die Lippen abtupft, nachdem er das Rag Baby geküßt hat-eine symbolische Darstellung von Hancocks Kooperation mit dem Greenbacker H. M. Paisted-und der das verschmitzt lächelnde Rag Baby noch etwas verschämt hinter dem Rücken verbirgt. Eine kleine Zeichnung hinter ihm zeigt den Kampf der zwei einstigen Unionsgeneräle und jetzigen Greenback-Parteigenossen Butler und Weaver um das Rag Baby.

Im Wahlkampf von 1884, in dem Nast als Teil der sog. Mugwump-Revolte erstmals die DP mit ihrem Kandidaten Grover Cleveland unterstützte, spielte die Greenback Partei thematisch für ihn eine verständlicherweise untergeordnete Rolle. In der Karikatur "Our Friends, the Enemy" [54k] stellte er die Witwe Butler mit dem Rag Baby dar, wie sie von den Redakteuren jener republikanischen Zeitungen umworben wird, die Blaine, den Kandidaten der RP, unterstützen und hoffen, daß Butler dem demokratischen Kandidaten Cleveland entscheidende Stimmen abwerben wird. Nast ging es hier aber nicht mehr um die eigentlichen finanzpolitischen Themen, sondern um rein wahlkampftechnische Überlegungen der Stimmenverteilung. Da man allgemein annahm, daß Stimmen für Butler Cleveland verloren gehen würden, stellte Nast Clevelands Gegner vereinfacht als Koalition dar. Mit Hilfe des arbeiterfreundlichen Butler, so argumentierte Nast, würde Blaine die Arbeiter täuschen und auf Umwegen deren Wählerstimmen abwerben. In "Highway Politics" [66k] haben Butler und Blaine den ehrlichen Arbeiter in die Zange genommen; während Butler ihn festhält, stiehlt Blaine ihm seine Stimme aus der Tasche. Im Hintergrund verbirgt sich Jay Gould, der stellvertretend für Spekulanten- und Großunternehmertum steht, jene Gruppen also, die letztlich von einem Wahlsieg Blaines profitieren würden.

Zwei Jahre nach der Wahl Clevelands verließ Nast Harper's Weekly. In den Publikationen zum Werk des Künstlers sind kaum Karikaturen aus jenen letzten Jahren überliefert, und so weit sich dies aus einer Aufstellung der Titel ablesen kann, beschäftigte Nast sich in der letzten Zeit bei Harper's Weekly so gut wie nicht mehr mit finanzpolitischen Themen.

Zusammenfassung

Nasts wirtschafts- und finanzpolitische Ansichten waren eng mit seinen allgemein politischen verbunden; sie waren nur eine Facette seines Weltbildes, das er mit großer Entschiedenheit vertrat und gegen andere Meinungen verteidigte. So stellt auch Morton Keller fest: "(...) Nast's economic views had an intimate relationship to his general political stance." Nast war so sehr in parteipolitischem Denken verhaftet, daß es ihm schwerfiel zu akzeptieren, daß sich die Finanzfrage selten in das Raster der beiden großen Parteien pressen ließ. In seinen Karikaturen kommt auch zum Ausdruck, daß er innerparteiliche Unstimmigkeiten oder gar Abspaltungen hinsichtlich der Währungsfrage als Problem empfand und scharf kritisierte. Von den Drittparteien, die sich aus der ungelösten Finanzproblematik entwickelten, nahm er lediglich von der Greenback Partei Notiz. Während er diese Partei und ihre Vertreter mit Geringschätzung oder Belustigung betrachtete, stellte für ihn die Greenback-Ideologie als solche durchaus eine stete Bedrohung einer stabilen Wirtschaft dar, und er wurde nicht müde, vor ihr zu warnen.

Nasts Karikaturen zeugen von seiner unverrückbaren, konservativen Einstellung zur Finanzfrage, in deren Zentrum sein ausschließlicher Glaube an den Goldstandard ruhte. Anfangs stand der Karikaturist mit dieser Haltung im Einklang mit der Mehrheitsmeinung, doch nachdem er auch im sich durch Depression und Silberboom wandelnden Klima weiter starr daran festhielt, erscheinen seine späteren Karikaturen eher als Zeugnis einer reaktionären Minderheit. Trotzdem läßt sich nicht leugnen, daß Nast sehr erfolgreich in der Darstellung finanzpolitischer Themen war.

"In no other category is Thomas Nast's ability to present his case more effective than in his series of cartoons on the financial problems of the period. Although he was not a student of finance himself, he had the faculty of presenting opposing views in their simplest terms-truly making one picture worth a thousand words."

Gerade sein Talent, komplexe Sachverhalte auf das Wesentliche zu reduzieren, kam bei den Karikaturen zur Währungsfrage besonders deutlich zum Ausdruck. Ein Mittel, das der Künstler zu diesem Zweck erfolgreich einsetzte, war die Verbindung finanzpolitischer Maßnahmen oder Tendenzen mit bestimmten Personen. So präsentierte er beispielsweise einen prominenten Greenbacker wie Benjamin Butler als Verkörperung der Ideologie bzw. Partei. Nast schuf aber auch neue Symbole um die häufig sehr abstrakten Themen darzustellen. Gerade durch die Tatsache, daß ein so komplexer Sachverhalt wie die inflationäre Geldpolitik durch eine so einfache Figur wie das Rag Baby treffend dargestellt werden konnte, und daß Nast ein Symbol wie dieses über Jahre hinweg verwendete, mag für die breite Akzeptanz und den hohen Wiedererkennungswert bei den Betrachtern gesorgt haben.

Die Umsetzung der Geldproblematik des Gilded Age in den Karikaturen von Thomas Nast zeigt, daß sich der Künstler intensiv mit dem Thema auseinandersetzte und in seinen Karikaturen zwar vielseitig und innovativ arbeitete, aber in seinen Ansichten zu Wirtschafts- und Finanzfragen stets konservativ blieb und mit Unverständnis auf Reformbewegungen wie die Greenback- oder Silberidee reagierte.

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